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Das Problem der Rente (13. Februar 1996)

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Die Umverteilung von unten nach oben führt zu verheerenden Asymmetrien in der Verteilung von Bedarf und Kaufkraft, schwächt damit die Massennachfrage und verschärft so letzten Endes die Massenarbeitslosigkeit. Anders als ihre Wortführer dies beabsichtigen, muss die Kritik daran aber keineswegs nur gegen die eklatanten Missbräuche gerichtet werden, sondern gegen das Rentensystem insgesamt: Können wir uns in einer Gesellschaft, in welcher die Massenverarmung so explodiert, Systeme mit derart asozialen Verteilungseffekten noch leisten?

Dass die gegenwärtige Debatte der Dimension der Probleme in keiner Weise gerecht wird, haben auch unsere verantwortlichen Politiker bereits zu erkennen gegeben, allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit. So hat Minister Blüm in einem Beitrag in der Fachliteratur die Situation des Sozialstaats mit der eines Tankers im Packeis ohne Aussicht auf Rettung beschrieben; die Systeme auch nur über die Jahrhundertwende hinüberzubugsieren, käme einem politischen Meisterstück gleich. Ähnlich dramatisch sieht die Dinge wohl auch sein sozialdemokratisches Gegenüber, Rudolf Dressler: Vor zwei Jahren warf Dressler Kurt Biedenkopf vor, dieser lege mit seinen rentenkritischen Thesen die Lunte an die sozialen Sicherungssysteme. Worauf der Angegriffene treffend und trocken erwiderte, damit bestätige Dressler nur, dass wir auf Pulverfässern säßen!

Der Autor ist Richter am Hessischen Landessozialgericht Darmstadt.



Quelle: Jürgen Borchert, „Junge Menschen ausbilden, nicht alte zum Sonnen nach Mallorca schicken“, Süddeutsche Zeitung, 13. Februar 1996.

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