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Der Wahlausgang vom September 2005 (19. September 2005)

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Vorbehalte gegen Merkel

Offenbar waren die Vorbehalte gegen die Kandidatin Merkel im eigenen Anhängerlager in der letzten Phase des Wahlkampfes so groß geworden, dass auch ein Teil derjenigen, die sich in den Umfragen vor der Wahl zur Union bekannten, letztendlich am Wahltag ihre Stimme nicht der CDU oder CSU gaben. Rund 2,5 Millionen frühere CDU/CSU-Wähler gingen diesmal wegen dieser Vorbehalte nicht zur Wahl. Und rund 1,5 Millionen wählten nicht wie früher Union, sondern die FDP.

Merkels Haupthandicap war dabei, dass sie im wiedervereinigten Deutschland keine für die Wähler zureichend Identität gewonnen hat. Für die „Ossis“ war sie seit ihrer Einbindung in die Regierung Kohl und die Führungsstruktur der CDU keine „Ossi“ mehr, ohne dass sie dafür von den „Wessis“ als „Wessi“ akzeptiert worden wäre.

Angela Merkels Rückhalt bei den eigenen Anhängern war denn auch deutlich schwächer als der von Gerhard Schröder bei den SPD-Anhängern: Während 2005 wie 2002 mehr als 90 Prozent der SPD-Anhänger bei der Kanzlerpräferenz für Schröder votierten, hätten sich nur 78 Prozent der CDU- und 62 Prozent der CSU-Anhänger für Merkel entschieden. Stoibers Rückhalt war 2002 mit 79 Prozent bei den CDU- und mit 90 Prozent bei den CSU-Anhängern größer.

Für Merkel wirkte sich weiterhin negativ aus, dass das Fernsehen auch bei dieser Wahl wieder das dominante Medium war: 70 Prozent aller Wahlbürger hatten ihre Informationen über die Wahl durch Wahlsendungen des Fernsehens erhalten. Von den klassischen Werbemitteln spielte nur noch das Plakat eine gewisse Rolle. Und im Fernsehen schnitt der Amtsinhaber im Urteil der Zuschauer meist besser ab als seine Herausforderin. Hinzu kam, dass die Fernsehbilder die gestylten Plakate mit Merkel Lügen straften und von daher Merkel weitere Identitätsprobleme brachten. Zu krass war der Widerspruch zwischen der Scheinwelt der Plakatwerbung und der vom Zuschauer als real empfundenen TV-Welt.

Außerdem konnten viele potenzielle Wähler (auch die der Union) an der Kandidatin Merkel wenig Hoffnung festmachen. Während im Wahlkampf 1998 der Kandidat Schröder viel Hoffnung an sich band (Schröder galt damals bei einer Mehrheit der Bürger als jung, dynamisch, modern und man attestierte ihm, das er mit den Erfordernissen der Wirtschaft vertraut sei, einen Aufschwung bringen könnte, eine Vision für die Zukunft hätte und dass er ein neuer Politikertypus sei). Mit Merkel verknüpften 2005 nur wenige Wähler diese Attribute: Sie wurde als fleißig und diszipliniert, nicht aber als sympathisch, modern, jung oder dynamisch oder als neuer Politiker-Typus gesehen. Überhaupt erhofften sich nur wenige von einem Regierungswechsel und einer CDU/CSU-geführten Regierung eine Besserung der Verhältnisse im Lande.

Die Folge waren die beschriebenen Wahlenthaltungen eines Teils potenzieller CDU/CSU-Wähler. Am Sonntag lag die Union nur in einem der drei in Deutschland zu unterscheidenden Wahlgebiete vor der SPD: In Bayern erhielt die CSU 49,3, die SPD 25,5 Prozent der gültigen Stimmen. In Ostdeutschland wie im Rest der Republik aber wurde die SPD stärkste Partei (im Osten bzw. Westen ohne Bayern lag die SPD mit 30,5 bzw. 37,3 Prozent vor der CDU mit 25,3 bzw. 34,8 Prozent der gültigen Stimmen).

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