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Scheckbuchdiplomatie im Jahre 1991 (Rückblick, 1995)

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Der deutsche Beitrag zur Befreiung Kuwaits

Am 23. Februar begann die Schlußphase des Golfkrieges. Wir alle waren erleichtert, daß der Krieg entgegen manchen Prognosen so schnell beendet werden konnte. Bundeskanzler Kohl erklärte, die irakische Führung habe spätestens durch die jetzt bekannt gewordenen abscheulichen Verbrechen an der kuwaitischen Bevölkerung ihr wahres Gesicht gezeigt. Ich fügte an: »Die Weltgemeinschaft und die Koalition hatten keine andere Wahl zur Durchsetzung der Entschließung der UN.« Nie zuvor waren einem Aggressor so viele Gelegenheiten zum Einlenken gegeben worden wie Saddam. Aber er hatte sich geweigert, auch nur eine der Möglichkeiten zu nutzen.

Die Bundesrepublik hatte sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten als verläßlicher Partner der Kriegsallianz gezeigt: Als einer der ersten Staaten setzte sie die Embargomaßnahmen der UNO gegen den Irak und das besetzte Kuwait in bindendes nationales Recht um, und auch die Resolutionen des UN-Sicherheitsrats zur Irak-Krise sowie alle weiteren Beschlüsse in anderen internationalen Organisationen trugen wir mit. Da wir selbst nicht im Sicherheitsrat vertreten waren, hatte unsere Beteiligung an anderen internationalen Gremien wie der Europäischen Gemeinschaft und der EPZ, der Westeuropäischen Union, der NATO sowie den Institutionen für weltwirtschaftliche Zusammenarbeit um so größere Bedeutung. Im März 1991, nach Verkündung der Waffenruhe, aber noch vor dem offiziellen Waffenstillstand, folgte Bonn überdies der amerikanischen Bitte, Marineeinheiten auch in den Golf zu entsenden, um irakische Minen zu räumen.

Ein wichtiger deutscher Beitrag zur Befreiung Kuwaits durch die politische Kooperation der Sowjetunion mit dem Westen war unser Eintreten für eine Öffnung der westlichen Finanzinstitutionen für sowjetische Wünsche und Interessen.

In einer Krisensituation stabilisierten wir durch unsere Ostpolitik die Lage in Europa beträchtlich und sorgten für Ausgleich und Zusammenarbeit mit der Sowjetunion. Die deutsche Bereitschaft zur Unterstützung der sowjetischen Volkswirtschaft erleichterte den sowjetischen Rückzug aus Zentraleuropa. Das wiederum verbesserte die strategische Sicherheitslage der Allianz.

So spielte Bonn eine wichtige Rolle bei der Stabilisierung nicht nur des Transformationsprozesses in Mittel- und Osteuropa, sondern auch der Lage am Golf. Beides lag sowohl im nationalen deutschen als auch im gemeinsamen Interesse aller europäischen Staaten sowie der USA. Eine stabile europäische Sicherheitslage in einer Zeit fundamentalen Wandels war Voraussetzung und Grundlage für den Einsatz am Golf. Ohne die friedliche politische Entwicklung in Zentraleuropa, die sich aus dem NATO-Gipfel in London im Juli 1990 und den kurz danach zwischen Bundesregierung und sowjetischer Führung getroffenen Abmachungen ergeben hatte, wäre es zweifelhaft gewesen, ob Moskau die Maßnahmen der UNO gegen den Irak mitgetragen und die Präsenz amerikanischer Truppen in der Golfregion unterstützt hätte. Immerhin hatte Eduard Schewardnadse am 17. September 1990 in Tokio erklärt: »Wenn diese Krise (der Golfkrieg) vor dem Ende des kalten Krieges ausgebrochen wäre, hätten wir unsere Raketen bereit gemacht. Das wäre der Dritte Weltkrieg gewesen.«

Außenpolitische Behutsamkeit und ein klares Bekenntnis zur Politik der westlichen Allianz unter Berücksichtigung elementarer sowjetischer Interessen waren die Leitlinien unseres Vorgehens. Die amerikanischen, britischen und französischen Verbündeten hatten Anspruch auf unsere Solidarität. Gleichzeitig unterstützten wir die letzten französischen ebenso wie die sowjetischen Vermittlungsversuche. Den Krieg ohne Aufgabe der eigenen Ziele zu vermeiden, sah ich als oberstes Gebot. Deshalb beurteilte ich die Bemühungen von Mitterrand und Gorbatschow als einen Ausdruck nicht von Schwäche, sondern von Verantwortungsbewußtsein.

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