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Die Goldene Bulle (1356)

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Kapitel 16
Die Pfahlbürger

Ferner: Weil einige Bürger und Untertanen von Fürsten, Landherren und anderen Leuten, wie häufige Klage an Uns vorgebracht hat, die Bürde angeborener Untertänigkeit abzuwerfen suchen, ja diese in freventlichem Unterfangen mißachten, und weil sie sich deshalb darum bemühen, als Bürger anderer Städte aufgenommen zu werden (und in der Vergangenheit sich öfter darum bemüht haben), gleichwohl aber persönlich auf dem Land, in den Städten, Marktorten und Dörfern der früheren Herren wohnend, die mit solcher Tücke zu verlassen sie sich vermessen haben oder vermessen, bemühen sie sich darum, die Freiheiten der Städte zu genießen, in denen sie sich auf diese Weise eingebürgert haben, und von ihnen Schutz und Schirm zu erhalten; diese heißen in deutschen Landen gemeinhin Pfahlbürger; weil also Tücke und List niemandem einen Vorteil verschaffen dürfen, gebieten Wir aus der Fülle kaiserlicher Amtsgewalt, unter Hinzukommen des heilsamen Rates aller geistlichen und weltlichen Kurfürsten, in sicherem Wissen, und verfügen durch gegenwärtiges Gesetz, das für immer und ewig gültig sein soll: Diese Bürger und Untertanen, die diejenigen, denen sie untertan sind, so verspotten in allen Landen, Orten und Gebieten des heiligen Reiches, sollen vom heutigen Tag an künftig in keiner Hinsicht die Rechte und Freiheiten der Städte, als deren Bürger aufgenommen zu werden sie sich mit solcher Tücke bemühen oder bislang bemüht haben, genießen, falls sie nicht leiblich und tatsächlich in diese Städte ziehen, dort ständig ihren eigenen Herd und wirklich, nicht vorgeblich, ihre Wohnung haben und dort die gebotenen Lasten und städtischen Steuern auf sich nehmen. Wenn aber welche gegen den Wortlaut dieses Unseres gegenwärtigen Gesetzes aufgenommen sind oder künftig aufgenommen werden, soll deren Aufnahme jeder Rechtskraft entbehren, und die Aufgenommenen, ganz gleich welchen Standes, welcher Würde und welchen Ranges sie sind, sollen sich bei überhaupt keinem Fall oder Anlaß etwa der Rechte oder Freiheiten der Städte, in die aufgenommen zu werden sie sich bemühen, irgendwie erfreuen oder diese genießen; dagegen helfen auch nicht die Rechte, Privilegien oder Gewohnheiten, die seit irgendwelcher Zeit beobachtet und erlangt sind und die Wir, soweit sie Unserem gegenwärtigen Gesetz entgegenstehen, aus sicherem Wissen mit Gegenwärtigem aus der Fülle kaiserlicher Amtsgewalt widerrufen, und Wir bestimmen, daß sie jeglicher Kraft von Rechtsgültigkeit entbehren; was alles Vorausgeschickte anlangt, so sollen die Rechte stets unangetastet bleiben, welche Fürsten, Herren und anderen Leute, die derartig verlassen wurden oder künftig verlassen werden, gegenüber Leib und Gut solcher Untertanen besitzen, die sie auf oft genannte Weise verlassen. Außerdem: Die sich vermessen oder in der Vergangenheit vermessen haben, die genannten Bürger und auswärtigen Untertanen gegen die Verfügung Unseres gegenwärtigen Gesetzes aufzunehmen, verfallen, wenn sie diese nicht alle innerhalb eines Monats nach erfolgter Bekanntmachung der gegenwärtigen Bestimmungen entlassen, nach Unserem Entscheid bei jeder künftigen Übertretung einer Buße von hundert Mark lauteren Goldes; davon soll die Hälfte Unserem kaiserlichen Säckel, das übrige aber ohne Ablaßmöglichkeit den Herren derjenigen zufallen, die in die Städte aufgenommen werden.


Kapitel 17
Das Ansagen von Fehden

Alle, die künftig vorgeben, sie hätten gegen jemanden einen gerechten Grund zum Ansagen einer Fehde, und die an den Orten, wo sie keine Wohnungen innehaben oder auch nicht gemeinsam wohnen, zur Unzeit Fehde ansagen, können, so erklären Wir, keinerlei Schäden durch Brand, Plünderung oder Raub den Befehdeten zufügen, ohne ihre Ehre zu verlieren. Und weil Tücke und List niemandem einen Vorteil verschaffen dürfen, verfügen Wir durch gegenwärtigen Erlaß, der für immer und ewig gültig sein soll, daß solche Fehdeansagen gegen irgendwelche Herren oder Personen, mit denen sie in Gemeinschaft, Genossenschaft oder irgendeiner ehrenvollen Freundschaft verkehrt haben, soweit sie ergangen sind oder künftig ergehen werden, keine Rechtskraft haben, auch daß es nicht erlaubt ist, unter dem Vorwand der Ansage einer Fehde jemanden zu überfallen mit Brand, Plünderung oder Raub, falls diese Fehdeansage nicht drei volle Tage lang demjenigen, dem Fehde angesagt werden soll, selbst oder an dem Ort, wo er gewöhnlich wohnt, öffentlich verkündet wird und falls über diese Verkündung nicht durch geeignete Zeugen volle Sicherheit erlangt werden kann. Wer sich aber herausnimmt, gegen jemanden die Fehde anders anzusagen und ihn auf obengenannte Weise zu überfallen, der soll sofort der Ehrlosigkeit verfallen, so als ob keine Fehdeansage erfolgt sei; Wir setzen fest, daß er auch als Verräter von jedem Richter mit den gesetzlichen Strafen belegt werden soll.

Wir verbieten auch und verurteilen die unrechtmäßigen Waffengänge und Fehden samt und sonders, ferner sämtliche ungerechten Brandschatzungen, Plünderungen und Räubereien, ungebührlichen und unüblichen Zölle und Geleite und das übliche Erpressen von Abgaben für solches Geleit – bei Strafen, mit denen die heiligen Gesetze das Vorgenannte und jedes einzelne davon zu bestrafen befehlen.

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Quelle des lateinischen Originals und dieser modernen deutschen Übersetzung: Lorenz Weinrich, Hg., Quellen zur Verfassungsgeschichte des Römisch-Deutschen Reiches im Spätmittelalter (1250-1500). Darmstadt: WBG, 1983, S. 315-21, 337, 341, 357-59, 361-67.

Zusammenfassungen von Thomas A. Brady Jr. und Randolph C. Head

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