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Friedensmission in Kroatien: Bundestag beschließt die Entsendung von Bundeswehreinheiten (6. Dezember 1995)

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Außenminister Klaus Kinkel meinte, der Bundeswehreinsatz sei moralisch gerechtfertigt, um den Frieden im zerstörten Bosnien zu sichern und den leidgeprüften Menschen zu helfen. Nicht Kriegführung, sondern Kriegsverhinderung sei das Ziel. Er wandte sich gegen Äußerungen aus den Reihen der Opposition, daß die zivilen Anstrengungen für den Wiederaufbau im Schatten des Militärischen stünden: »Die militärische Absicherung des Friedensvertrags ist die Voraussetzung dafür, daß Wiederaufbau und Demokratie überhaupt eine Chance bekommen«. Mit der deutschen Beteiligung gehe es um ein Signal an Europa und die Welt: »Deutschland praktiziert Verantwortung und Mitverantwortung«. Bundesverteidigungsminister Volker Rühe erinnerte daran, daß der Bundeswehreinsatz nach Kapitel VII der UN-Charta erfolge und »friedensschaffend« sei. Anders als im Golfkrieg oder bei der Landesverteidigung seien die Soldaten von allen Kriegsparteien eingeladen worden, den Frieden zu ermöglichen. Finanzminister Theo Waigel bezifferte die Kosten für den Einsatz auf 700 Millionen DM. Davon würden 400 Millionen dem Verteidigungsetat entnommen. Über die weitere Finanzierung könne erst Mitte des nächsten Jahres entschieden werden. Er kritisierte Teile der Opposition und warf ihnen eine »ethisch wie politisch unhaltbare Position« vor.

Mit großer Mehrheit wurde abschließend die Entsendung der 4.000 Bundeswehrsoldaten gebilligt. Von 656 anwesenden Abgeordneten stimmten 543 für den Antrag der Regierung, 107 Mandatsträger – darunter auch SPD-Abgeordnete – stimmten mit Nein, es gab sechs Enthaltungen. Während die PDS geschlossen mit Nein votierte, teilten sich die Grünen in ihrem Abstimmungsverhalten. 22 stimmten mit Ja, und die gleiche Anzahl lehnte den Bundeswehreinsatz ab. Fünf Abgeordnete, die zunächst zur Zustimmung entschlossen schienen, enthielten sich unter dem Eindruck des Parteitagsbeschlusses der Stimme. Wegen der Abstimmung kam es zu einem parteiinternen Streit bei den Grünen. Jürgen Trittin, einer der zum »pazifistischen« Flügel der Partei gehörenden Sprecher, nannte das Verhalten der sogenannten »Realos« in der Fraktion eine Provokation. Fraktionsführung und Fraktion hätten bei der Abstimmung ihre »fehlende Integrationsfähigkeit« bewiesen (SZ, FAZ, NZZ, KRWE, mdw).



Quelle: „14.12.1995 (Donnerstag). Bosnien-Herzegowina. Bundesrepublik Deutschland. NATO“, in Archiv der Gegenwart, 14. Dezember 1995, S. 49.711-49.722.

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