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Der Aufstieg eines Bürgers – Burkard Zink (1397-1474/75)

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Item als ich nun müed bain umbsunst gemacht hett, da hueb ich mich wider auf die füeß und kam wider gen Memingen, da was der wirt vor dahaim: niemant was mein fro, all mein freund achtend mein nit. also kam ich zu ainem biderman, was auß ainem dorf in die stat zogen, dem füert ich zwen knaben gen schuel und bei dem beleib ich ain jar und lert im die knaben. sicher da ward ich ainem töchterlin hold und ward ie lenger ie ungerner gen schuel gan und hindennach wolt ich nimer gen schuel gan und wolt ain hantwerk lernen, dann mein schwester, die hett ain weber, was ain frummer und reicher weber. da gieng ich auß und ein, da bedaucht ich mich, wie sein knecht gar guet leben hett, und ward mir dasselb hantwerk als wol gefallen, daß ich es ie lernen wolt, und ließ gantz von der schuel. mein schwager hett mich auch gern gelert, aber die andern mein freund, die wolten michs nit lernen laßen: da wolt ich ain [ander] hantwerck lernen. also rieten mir meine freund, so ich ie anders nit wölt, daß ich das kürsnerwerk lernet, das wer gar ain guet und erber hantwerk, darzu wolten sie mir ratten. also ließ ich mich überreden und zu ainem kürsner dingen zu Memingen, hieß maister Jos, ward seit ain wachter auf dem Kemptertor. und als ich nun bei dem maister was bei 14 tagen, da hett ich sein genueg, es tet mir im ruggen wee und was im niendart recht. also gieng ich zu meiner schwester und sagt ir, ich wolt ie nit mer bei dem kürsner bleiben, ich wolt aber wider in die schuel gan. das sach mein schwestern gern und auch ir man. dann mein schwager hett gern ain pfaffen auß mir gemacht etc.

Item also hueb ich mich auf und nam mein schuelbuech und bat mein schwester und iren man umb ain zerung: sie gaben mir 6 ß. hl. und nit mer, und mit dem gieng ich denselben tag gen Walse, da lag ich die nacht in dem spital, dann ich hett nit vil zerung. und ist zu wißen, als ich von dem kürsner kommen was, da muesten im mein freund geben 7 [ß.] hl., die hett man im gehaißen von mir ze lernen. und als ich zu Walse in dem spital die nacht gelegen, da stuend ich des morgens früe auf und lief überhin gen Bibrach, da kam ich von stundan zu ainem frummen man, (was gar reich und was ain schuester gewesen, aber er trib das hantwerk nit,) der wolt mich durch gottes willen behalten han ain jar oder lenger und daß ich in die schuel wer gangen, doch so solt ich das prot selber gehapt han. also gieng ich da in die schuel pei 14 tagen und schemet mich zu petlen; und wenn ich von schuel gieng so kaufet ich ain laib prot umb 1 dn. und schnaid stucklen darauß; und wenn ich haim kam so fragt mich mein herr, ob ich in der stat wer gewesen nach prot, so sprach ich: ja, da sprach er dann zu mir: man geit gar gern hie den armen schuelern; biß ich nimer dn. hett. ich mocht aber ie nit petlen; und sagt mir ain schueler, wie daß gar ain guete schuel zu Ehingen wär, und wolt ich mit im ziehen, daß ichs tet. also gieng ich mit im gen Ehingen, da waren groß bachanten, die luffen all in die stat nach prot. da ich das sach, daß die alten und die großen schueler nach prot sungen und giengen, da lief ich mit in und kam an: ich wolt mir selb viert gnueg gepettelt han und schemet mich fürbaß nit mer und gwan mir gnueg, daß ich wol zu eßen hett.

Item als ich nun zu Ehingen was und gieng in die schuel bei ainem halben jar, da kam ain großer student zu mir und sprach, ob ich mit im wolt ziehen gen Ballingen, da wär gar ain guete schuel, da wolt er mir helfen zu ainem gueten dienst, da man mir belonung geb, und wolt mir helfen und raten. und pracht mich also mit im auf mit seinen gueten worten, daß ich mit im zoch gen Ballingen, das ist ain klain stat, ligt 1 meil von Hochenzoll. und als wir nun gen Ballingen kamen, da pliben wir da wol ain jar: da gieng ich gen schuel und mein gesell verließ mich und tet mir weder hilf noch rat. also kam ich zu ainem armen man, was ain schmid, genant Spilbentz, bei dem was ich ain zeit und füert im ain knaben gen schuel. darnach kam ich zu ainem gastgeben, der gab mir gantze kost, daß ich nit petlens bedorft. darnach zoch ich von dannen und kam gen Ulm, da plib ich ain gantz jar und was bei ainem pfeifer, was der stat pfeifer, genant Hänslin von Bibrach, sicher der tett mir güetlich; ich füert im ain knaben gen schuel, ist seider auch ain pfeifer worden; ich petlet das prot.

Item darnach als man zalt 1415 jar da kam ich von Ulm wider gen Memingen (1). da hett mein schwager gern gesehen, daß ich mich geweicht hett, und überredt mich, daß ich gen Augspurg solt und wolt mich weihen laßen acolythus; doch beleib ich darnach ain klain zeit zu Memingen. und kam her gen Augspurg in dise stat und kam von stundan zu ainem kramer, genant Ulrich Schön, was auf dasselb mal ain reicher gewerbiger kramer, wiewol er seider über etwa vil jar verdorben ist und zu armuet kommen was; bei dem was ich ain jar und ließ gantz und gar von der schuel, und ainmal an ainer fasnacht rait ich über ain knaben gleich bei sant Jörgen und besorgt des knaben freund, und muest von hinnen weichen und kam gen Nürnberg. mit dem kramer zoch ich überall auf die merkt gen Bairn und anderswo.

Item also kam ich gen Nürnberg, da was ich drei jar bei ainem reichen man, was genant Cuntz Beham, der was ain alt erber frum man und was geseßen an dem markt an ainem egg nachent bei unser lieben frawen capell am Saltzperg (2) und hett eisen fail und hett ains frummen mans tochter, hieß der Schultheiß von Pernhaim, der was gesessen zunächst hinder den predigern gegen dem Heumarkt, und was ain reicher man und schankt wein.



(1) Die Jahrzahl 1415 ist mit den Daten der vorhergebenden Erzählung unvereinbar. Zink brachte nach seiner eignen Angabe 7 Jahre, die Zeit von 1407-1414 in Krain zu; seine zweite Fahrt nach Krain fällt ins J. 1415. Wo bleibt nun Raum für Zinks Wander- und Schuljahre, die doch nach seinen eigenen Anführungen mindestens 3 ½ Jahre ausfüllen? Dennoch wird auch die Übersiedlung nach Augsburg ins J. 1415 gesetzt. [Alle Fußnoten stammen aus Horst Wenzel, Hg., Die Autobiographie des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit, Band 2, Die Selbstdeutung des Stadtbürgertums. München: Wilhelm Fink Verlag, S. 51-67.]
(2) Die Bezeichnung „Saltzberg“ findet sich so in Nürnberg nicht; vielleicht ist der Salzmarkt (die Gegend vom Markte hinauf zur Sebalduskirche) gemeint.

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