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Die Liberalen: Gründungsprogramm der Deutschen Fortschrittspartei (9. Juni 1861)

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Die in Art. 12 der Verfassung gewährleistete Gleichberechtigung aller Religionsgenossenschaften muß mit Nachdruck gewahrt werden. Die Hebung des Unterrichtswesens in der Volksschule sowie in den Realschulen und den Gymnasien kann nur durch den endlichen Erlaß des Unterrichtsgesetzes nach Beseitigung der ministeriellen verfassungswidrigen Regulative und Normalvorschriften erfolgen. In diesem Unterrichtsgesetze sowie bei der dringenden Ehegesetzgebung muß, bei letzterer durch die Annahme der obligatorischen Zivilehe, die Trennung des Staates von der Kirche festgehalten und vervollständigt werden.

Die unerwartet großen Lasten, die in der vergangenen Legislaturperiode dem Lande auferlegt sind, fordern unbedingt, daß die wirtschaftlichen Kräfte des Landes gleichzeitig entfesselt werden, somit, daß eine Revision der Gewerbegesetzgebung, wie sie bereits vom gegenwärtigen Abgeordnetenhause in seinen Resolutionen niedergelegt ist, ins Leben trete.

Für die Ehre und die Machtstellung unseres Vaterlandes, wenn diese Güter durch einen Krieg gewahrt oder erlangt werden müssen, wird uns niemals ein Opfer zu groß sein; im Interesse einer nachhaltigen Kriegsführung aber erscheint uns die größte Sparsamkeit für den Militäretat im Frieden geboten. Wir hegen die Überzeugung, daß die Aufrechterhaltung der Landwehr, die allgemein einzuführende körperliche Ausbildung der Jugend, die erhöhte Aushebung der waffenfähigen Mannschaft, bei zweijähriger Dienstzeit für die vollständige Kriegstüchtigkeit des preußischen Volkes in Waffen Bürgschaft leistet.

Die Erreichung dieser Ziele wird aber [ . . . ] ein frommer Wunsch bleiben, solange nicht auf verfassungsmäßigem Wege eine durchgreifende Reform des gegenwärtigen Herrenhauses erfolgt ist. Diese muß daher als der Anfang aller Reformen vor allem mit Energie angestrebt werden [ .. . . ] "



Quelle: Wolfgang Treue, Deutsche Parteiprogramme seit 1861, vierte Auflage. Göttingen: Muster-Schmidt Verlag, 1968, S. 62-63.

Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Muster-Schmidt Verlagsgesellschaft, Göttingen.

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