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Münchener Gourmet-Läden versorgen die Elite (23. Dezember 2004)

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Einer kennt sie alle, die Reichen, Schönen und Verwöhnten, aber auch die ganz normalen Kunden aus Haidhausen oder dem Lehel, die gibt es nämlich auch noch. Hans-Georg Staib hat vor 25 Jahren bei Käfer angefangen, und heute gibt es kaum einen in seiner Branche, der so viel von Edelfischen versteht wie er. Staib, ein vollschlanker, sympathischer Schwabe, der viel Spaß mit seiner Kundschaft hat, wirkt vergnügt in diesen Tagen. Das liegt unter anderem daran, dass die Geschäfte mit dem Wildfang von der französischen Atlantikküste und besonders mit dem Kaviar hervorragend laufen. „Die Leute kaufen Kaviar wie verrückt vor Weihnachten – wir müssen nachbestellen.“ Genüsslich öffnet Staib die größte verfügbare Dose der iranischen Marke Osciera Imperal, die laut Waage 4836 Euro kostet. Es gebe Leute, die solche Dosen für den Hausgebrauch erwerben, „dazu braucht man nur ein paar gute Freunde“. Mit einem Perlmutt-Griffel streicht Staib über die schwarzen Eier und reicht sie einer Stammkundin – „so nennen wir den 50-Euro-Löffel“, sagt er. „Warum sollte man sich wegen der Kaviar-Schlemmerei schämen? Die anderen, die es sich nicht leisten können, sehen es eh nicht.“ Überhaupt sind die Zeiten wieder vorbei, in denen wohlhabende Kunden aus Solidarität mit der Aldi-Stammklientel kulinarische Zurückhaltung übten. Es geht, gottseidank, wieder aufwärts.“

Dieser Ansicht ist auch der Chef, in dessen Büro ein Gemälde des unsterblichen James Dean hängt. Michael Käfer hat es geschafft. Er ist Herr über ein legendäres Wiesn-Zelt und das einst ruhmreiche P1. Er ist als Partyorganisator in die Fußstapfen seines Vaters Gerd Käfer getreten, mit dem er sich allerdings nicht mehr viel zu sagen hat. Er verkauft einen Haufen Lizenzprodukte, bewirtet Gäste nicht nur in seiner Münchner Schenke, sondern auch in seinem Restaurant des Berliner Reichstags, am Flughafen und bald in den VIP-Lounges der Fußballstadien, wenn 2006 die Weltmeisterschaft beginnt. Ach ja, und neuerdings zeigt er den Scheichs von Bahrein, wie man richtig feiert. Käfer jun. wirkt wie ein Gegenentwurf zu Dallmayr-Chef Randlkofer, den wenige Leute auf der Straße erkennen. Ein Fachmann, der beide Häuser kennt, formuliert es so: „Bei Käfer zählt das Drumherum, bei Dallmayr die Qualität." Und eine Münchner Society-Lady, die bei beiden nicht wenig einkauft, kommt zu dem Schluss: „Dallmayr ist der dunkle Rolls Royce, Käfer der rote Ferrari."

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Quelle: Christian Mayer, „Dallmayr und Käfer – wie Rolls Royce und Ferrari“, Süddeutsche Zeitung, 23. Dezember 2004.

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