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Die Reorganisation des Schulwesens in Baden: Edikt erlassen vom Markgrafen Karl Friedrich von Baden (13. Mai 1803)

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20.) Da jedoch nicht blos der Staat, sondern ebensowohl die Kirche von dem Unterhalt der hohen LandesSchule Nuzen hat, und das um so mehr, als die zu bildende Geistlichkeit immer die große Mehrzahl der studirenden Jugend ausmacht; da ferner die große Belastung aller StaatsQuellen eine alleinige Uebernahme jener neuen Dotation auf die StaatsCasse nicht möglich läßt, so soll eine Quart jener jährlichen Erfordernisse mit zehentausend Gulden aus denjenigen KirchenStiftungen Unserer sämmtlichen Lande, welche nach Bestreitung ihrer ordentlichen Lasten Ueberschüsse haben, also geschöpft werden, daß die Katholische dazu zwei Fünftheile, mit Viertausend Gulden jährlich, die Evangelisch-Lutherische weiter zwei Fünftheile mit eben soviel, und die Evangelisch-Reformirte endlich ein Fünftheil mit zweitausend Gulden zuschiessen [ . . . ].

21.) Das GeneralStudium auf dieser gemischten hohen Schule soll den drei christlichen ReligionsPartheien, welche in Deutschland Burgerrecht haben, in der Maase gewidmet seyn, daß zum kirchlichen Fach das KirchenRecht eingerechnet und darinn jeder LehrStuhl doppelt, nemlich mit einem Protestanten und einem Katholiken, jener der Dogmatik und dessen was ihr anhängig ist, aber dreifach, nemlich je mit zwei Lehrern aus den zwei protestantischen Confessionen, besezt seye; in allen übrigen Sectionen aber wird für die LehrStühle, ohne Rüksicht auf die ReligionsEigenschaft, der würdigste Competent in jedem ErledigungsFall von Uns ernannt werden.

22.) In der kirchlichen Section soll beständig Dogmatick, DogmenGeschichte, und Polemick, (wofür drei LehrStühle aus den drei christlichen Confessionen bestimmt sind) sodann theologische Moral, Pastoral-Theologie, Homiletick und Katechetick, beedes theoretisch und practisch, KirchenRecht, KirchenGeschichte, und Exegese des alten und neuen Testaments, sammt der dazu gehörigen SprachAnleitung (wofür sechs weitere LehrStühle, halb für Katholiken halb für Protestanten bestimmt sind) nach protestantischen so wie nach katholischen Grundsäzen gelehrt werden; [ . . . ].

23.) In der staatsrechtlichen Section soll stetshin RechtsGeschichte, römisches und teutsches Recht, ReichsGeschichte, StaatsRecht, LehenRecht, PeinlichesRecht, auch Staats- und RechtsPraxis vorgetragen werden, welche unter fünf ordentliche Lehrer vertheilt seyn sollen, die daneben bereit seyn müssen, Unterricht zu geben über Alles, was etwa von vorhandenen einzelnen Liebhabern begehrt wird, zur Einsicht in die RechtsVerhältnisse der Regenten und Unterthanen in Bezug auf das deutsche Reich im Ganzen und auf die einzelne Territorien im Allgemeinen, oder auf Unser Kurfürstenthum insbesondere, auch was die RechtsVerhältnisse der Unterthanen untereinander nach ihren verschiedenen Ständen und Lagen betrift.

24.) In der ärztlichen Section, für welche sechs eigene LehrStühle bestehen sollen, und worinn Alles muß erlernt werden können, was auf die Erkenntniß des gesunden und kranken Zustandes sowohl des menschlichen als thierischen Cörpers, auf die Behandlung desselben in gesunden und kranken Tagen, auf die Kenntniß Bereitung und Anwendung der dazu dienlichen inneren und äusseren HeilMittel, endlich auf die Vermeidung oder Beseitigung der in Weg tretenden Hindernisse der Gesundheit Bezug hat; insbesondre aber muß stets, doch zum Theil in schicklichen SemesterAbwechslungen vorgetragen werden: Die Zergliederungs- Nerven- und KnochenLehre, die NaturLehre des menschlichen Körpers, die Gesundheits- und Entbindungs-Lehre, die KrankheitsKunde, innere und äussere HeilKunde, Instrumenten- und BindenKunde, officielle NaturGeschichte und pharmacevtische ScheidungsKunde, endlich die ThierArzneyKunde nach ihrem ganzen Umfang.

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