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Problematische Gedanken über Parteien: Auszüge aus dem Staats-Lexikon: „Parteien” (1845-1848)

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Die demokratische Partei bildet das dirigirende Princip in den politischen Kämpfen, sie ist es namentlich, welche den übrigen Parteien ihre Stellung zu einander und ihr selbst gegenüber anweist, und die übrigen Parteien richten sich nach ihr. —

So lange die demokratische Partei noch schlummert, kämpfen die übrigen um die Suprematie, d. h. jede sucht die von ihr vertretenen Privilegien zu den herrschenden zu machen. So stritten anfangs politischer Absolutismus und Kirche mit einander um die Herrschaft, die demokratische Partei zwang sie, Frieden zu schließen und sich mit einander zu verbinden, denn die Parteien der Privilegien bekämpfen sich niemals principiell, weil sie ein gemeinschaftliches Princip vertreten, während das Princip der demokratischen Partei dem ihrigen wesentlich entgegengesetzt ist. So bekämpften in Frankreich die Vertreter des Capitals den politischen Absolutismus, die demokratische Partei oder vielmehr ihr Princip führte beide Gegner einander in die Arme und ein gemeinschaftliches Regiment, die Herrschaft der Bourgeoisie herbei. Die politische Entwickelung der Schweiz seit dem Sturze des Patriciats bis auf die neuesten Zeiten bietet den überzeugendsten Beleg von der durch die demokratische Partei nach und nach herbeigeführten Versöhnung der anfangs sich gegenseitig bekämpfenden und später in eine Partei verschwimmenden Vertreter der Privilegien.

Eben so ist es die demokratische Partei, welche, als den übrigen principiell gegenuberstehend, diesen ihr eigenes Princip zum Bewußtsein bringt und sie auf dessen Consequenzen hindrängt. So war es die demokratische Partei auf kirchlichem Gebiete, welche aus der katholischen Kirche gewissermaßen das Princip des Katholicismus herauspreßte und in dem Jesuitismus sich zu verkörpern zwang. Denn der Jesuitismus wurde hervorgerufen durch den Protestantismus und ist Nichts weiter als consequenter Katholicismus, Vertreter des Princips der katholischen Kirche, so wie dieses ihrer ganzen Wirksamkeit und ihren positiven Satzungen zu Grunde liegt. Und im weiteren Sinne des Worts stellt der Jesuitismus überhaupt das zum Bewußtsein gekommene Princip der Unterordnung der Menschheitsinteressen unter die Sonderinteressen dar, welches den Parteien der Privilegien unwillkürlich zu Grunde liegt, d. h. Jeder ist Jesuit, der absichtlich und im Bewußtsein der menschheitsfeindlichen Natur seiner Interessen die rechten Mittel für seine Zwecke, d. h. für die Erhaltung seiner Privilegien anwendet. Der Diplomat, der mit satanischer Raffinirtheit das System der Unfreiheit durchführt, ist eben so gut Jesuit als der Vertreter der katholischen Kirche, der die Volksverdummung absichtlich betreibt, oder der selbstsüchtige Bourgeois, der die Erhaltung seiner Privilegien zum leitenden Gedanken für seine Wirksamkeit als Staatsmann und Mensch macht.

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