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Friedrich II. („der Große”) am Vorabend der Schlacht bei Leuthen (28. November und 3. Dezember 1757)

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3. Dezember 1757

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„Meine Herren! Ich habe Sie hierher kommen lassen, um Ihnen erstlich für die treuen Dienste, die Sie zeither dem Vaterlande und mir geleistet haben, zu danken. Ich erkenne sie mit dem gerührtesten Gefühl. Es ist beinahe keiner unter Ihnen, der sich nicht durch eine große und ehrebringende Handlung ausgezeichnet hätte. Mich auf Ihren Muth und Erfahrung verlassend, habe ich den Plan zur Bataille gemacht, die ich morgen liefern werde und liefern muß. Ich werde gegen alle Regeln der Kunst einen beinahe zweimal stärkern, auf Anhöhen verschanzt stehenden Feind angreifen. Ich muß es thun, oder es ist alles verloren. Wir müssen den Feind schlagen oder uns vor ihren Batterien alle begraben lassen. So denk ich, so werde ich auch handeln. Ist einer oder der andere unter Ihnen, der nicht so denkt, der fordere hier auf der Stelle seinen Abschied. Ich werde ihm selbigen ohne den geringsten Vorwurf geben.“

Hier folgte eine Pause von Seiten des Redners, und eine heilige Stille von Seiten der Zuhörer; nur durch mit Mühe zurückgehaltene, der Ehrfurcht und der heiligsten Vaterlandsliebe geweinte Thränen unterbrochen. Darauf erhob der königliche Sprecher seine Stimme wieder und fuhr mit freundlich-lächelndem Gesicht fort:

„Ich habe vermuthet, daß mich keiner von Ihnen verlassen würde; ich rechne nun also ganz auf Ihre treue Hülfe und auf den gewissen Sieg. Sollt' ich bleiben und Sie nicht für das, was Sie morgen thun werden, belohnen können, so wird es unser Vaterland thun. Gehen Sie nun ins Lager, und sagen Sie das, was ich Ihnen hier gesagt habe, Ihren Regimentern, und versichern Sie ihnen dabei, ich würde ein jedes genau bemerken. Das Cavallerie-Regiment, was nicht gleich, wenn es befohlen wird, sich à corps perdu in den Feind hineinstürzt, laß ich gleich nach der Bataille absitzen und mach' es zu einem Garnison-Regiment. Das Bataillon Infanterie, was, es treffe auch, worauf es wolle, nur zu stocken anfängt, verliert die Fahnen und die Säbels, und ich laß ihnen die Borten von der Montirung schneiden. Nun leben Sie wohl, meine Herren, morgen um diese Zeit haben wir den Feind geschlagen, oder wir sehen uns nie wieder.“



Quelle des Testaments: Gustav Berthold Volz, Hg., Der Große König, Werke, Briefe und Gespräche. Berlin: Reimar Hobbing, 1923, S.108.

Quelle der Rede: Gustav Berthold Volz, Hg., Die Werke Friedrichs des Großen, Dritter Band Geschichte des Siebenjährigen Krieges, Erster Teil. Berlin: Reimar Hobbing, 1913, S. 224-25.

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