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Die Einschätzung der Reichsarmee nach ihrer Niederlage unter österreichischem Kommando bei der Schlacht von Roßbach (24. November 1757)

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Dero Reichs-Vice-Cantzler wird es nicht in Abrede stellen, was bündige und nachdrückliche Vorstellungen Ich deshalben noch vor Meiner Abreise von Wien und ex post fast in allen Briefen gemacht habe; Ich bin ja nicht im Stand gewesen kaum ein Detachement abzuschicken, und weiß Ich es am besten, wie Mir zu Muth ware, so lange jenes mit St. Germain sich von der Armée abwesend befunden hat; sothanes Detachement ist nur in 400 Kay[serlichen] Cuirassiers bestanden, maßen die übrigen von den Reichs-Trouppen und Franzosen waren; und eben dieses hat ersagtem St. Germain stetshin zum Praetext seiner Inaction gedienet, gestalten er Mir, daß er zu wenig Cavallerie, auf die er sich verlaßen könnte, bei ihm hätte, in allen Briefen vorgerupft hat, und gleichwohl ist der Abgang solcher wenigen Mannschaft gar stark bey Dero zwey Regimenter verspüret worden.

Wann von 12 000 Pferden ein- und zwey tausend détachirt seynd, wird es kaum gemercket, wann aber bey 1200 Pferden 400 mangeln, da bleiben nur 800 übrig, und fühlt man den Abgang gar starck. Ihro Kay[serliche] May[estät] seynd Selbsten ein großer Feldherr, Ich bitte dahero, nach Dero Eigener Erkanntnus nur zu beherzigen, wie unbeweglich eine solche Armée seye, die da mit keinem Détachement etwas unternehmen kan; bald soll man den Feind observiren, bald eine Convoye bedecken, bald eine andere wegnehmen, bald soll man die Hußaren souteniren, bald feindliche Posten und Détachements aufheben, in summa, es ist notorisch, daß fast alle in dem vorigen Krieg über den Feind erfochtene Avantagen durch lauter Détachements, ja, auch in diesem Feldzug viele herrliche Vortheile durch solche erhalten worden sind.

Ach Gott! Allergnädigster Monarch, hätte Ich nur 6000 Pferde Kayserl[ich-]Königl[ich]e Trouppen bey Mir gehabt, das Theatrum belli solte ein anderes Aussehen und man nicht nöthig gehabt haben, Mir die Schwäche des Feindes so oft zu Gemüthe zu führen, dann, was hilft es, Allergnädigster Herr, wann er auch nur die Helfte von Meiner Stärcke, im Gegentheil aber Mir an Cavallerie überlegen ist, mit 6000 Pferden auf die Flanque fallen, und Ich demselben nicht mehr als 1200 entgegen setzen kan. Dieses ist gleichwohl der wahre Casus der Bataille und die Ursache deren Verlustes gewesen, maßen der Feind mit etlich- und 20 Schwadronen avancirt ist, gegen welche 14 Kayserl[ich]e, die noch dazu sehr schwach seyn, tête biethen müssen. Dero Regimenter haben nichts desto weniger Merveilles gethan, und ist es ganz ohnwidersprechlich, daß, wann Ich auch nur noch zwey andere Kayserl[ich]e Regimenter gehabt hätte, die feindl[ich]e Cavallerie sich niemahls wiederum hätte erstellen sollen, und wir die aller-completteste Victorie erfochten haben würden, dann hätten wir nur einmahl den allbereits erhaltenen Vortheil über die Cavallerie souteniren können, so wäre niemahls der erschröckliche Terror pannicus unter die Franzosen gekommen, und könnten Ihro May[estä]t versichert seyn, daß sich alsdann von der feindl[ich]en Infanterie nicht ein Gebein salviret hätte, unerwogen die combinirte Armée fast anderthalb mahl stärcker, als die feindliche gewesen ist, ja, Gott weiß, wie weit diese Victorie, die wir doch warrlich schon in Händen gehabt, und pur wegen Abgang Kayserl[ich-]Königl[ich]er Cavallerie verlohren haben, sich erstrecken können? da der Feind zwischen lauter Wäßern eingesperrt und seine Retirade über Brücken zu nehmen bemüßiget ware.

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