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Die türkische Niederlage von Wien (12. September 1683)

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Mit Einbruch der Nacht konnten wir nicht weiter verfolgen, nachdem wir dem Feind etwa eineinhalb Kilometer aus ihrem Lager gefolgt waren und unser Heer die ganze Zeit ohne Essen und Trinken ausgekommen war, mussten wir einen Rastplatz einrichten, um die Soldaten zu laben. Wir hatten die ganze Nacht zum Ausruhen und der Feind, um sich zu retten. Am nächsten Tag, dem 13., setzten wir die Verfolgung aus demselben Grund nicht fort, obwohl wir es zweifellos sehr vorteilhaft tun hätten können, da die Feinde in großem Durcheinander Richtung Sankt Gotthart flohen, um über die Raab zu gelangen. Wir bauen eine Brücke bei Altenburg [heute Mosonmagyaróvár bei Wieselburg, Anm. d. Übs.] in Ungarn, und unsere Armeen werden sehr plötzlich marschieren. Am Sonntagabend, nach der Schlacht, kam Seine Kaiserliche Majestät nach Klosterneuburg, vier Stunden von Wien entfernt, von wo aus er am nächsten Tag Glückwünsche an den König von Polen und die Kurfürsten für ihren Erfolg am Vortag sandte.

Am 14. des Monats kam Graf Starhemberg zu Seiner Kaiserlichen Majestät (die ihn mit allen möglichen Ehrenbezeigungen und Zeichen der Zuneigung empfing) und gab ihr einen Bericht über mehrere beträchtliche Abläufe während der Belagerung. Kurze Zeit später schiffte sich der Kaiser auf der Donau ein und landete über der Brücke vor der Stadt, in die er durch das Stubentor einzog. Bei der Landung wurde er von den Kurfürsten von Bayern und Sachsen empfangen, die von ihren Wachen und unzähligen Adligen begleitet wurden. Da es unmöglich war, in so kurzer Zeit eine so große Zahl von Leichnamen, sowohl Türken, Christen als auch Pferde, zu beseitigen, war der Gestank auf der Straße davon so gewaltig, dass es für eine Ansteckung gereicht hätte.

Wir sahen die Minen der Türken, die so große Breschen geschlagen hatten, eine davon in die Löwelbastei und eine andere in die des Palastes, jede von unten bis oben etwa sechs Faden [~12 m] hoch. Es waren auch fünf Minen unter der Kurtine, die man in zwei Tagen hätte springen lassen können, zu dem Zeitpunkt, als die Türken einen Generalangriff beabsichtigten. Das wäre gefährlich gewesen sowohl wegen der Größe der Bresche als auch aufgrund der Schwächung der Belagerten. Als Seine Majestät die absichtlich bei der Stubentor-Bastei errichtete Brücke überquerte, wurde ihm vom Magistrat auf Lateinisch eine flammende Rede gehalten, und von dort aus begab er sich zum Stephansdom. Drei Königssalven feuerte die gesamte Artillerie, die erste bei Ankunft Seiner Majestät in der Nähe der Stadt, die zweite bei seiner Landung und die dritte während des Tedeums; nachdem dieses geendet hatte, kehrte er zu seinem Palast zurück, gab mehreren Staatsministern eine Audienz, und speiste dann mit den beiden Kurfürsten.

Zur Nacht hin traf der Herzog von Lothringen ein, der angesichts seiner Fürsorge, Tapferkeit und seines Verhaltens während des gesamten Kampfes mit großer Freude und Zufriedenheit empfangen wurde (da er sich bewundernswert verhalten hatte). Am 15. statteten der Kaiser, die Kurfürsten und der Herzog von Lothringen dem König von Polen einen Besuch ab und musterten seine Armee, die auf der Landstraße bis hin nach Ebersdorf lagerte. Der Kurfürst von Bayern befand sich an der Spitze der Truppen mit gezogenem Schwert, mit welchem er eine ehrerbietige Reverenz vor Seiner Kaiserlichen Majestät machte; der Kaiser kam und umarmte ihn, sagte tausend gefällige Dinge über ihn, und bat ihn, sein Schwert in die Scheide zu stecken. Daraufhin sagte ihm Seine Kurfürstliche Hoheit, dass es dasselbe Schwert sei, das ihm Seine Kaiserliche Majestät zwei Jahre zuvor bei Altötting verehrt hätte; und da er es zu seinen Diensten zu tragen versprochen habe, sei er nun gekommen, um seine Pflicht zu tun; doch weil Seine Majestät ihm befahl, es einzustecken, gehorchte er. Und dann fragte er Seine Majestät, ob er mit seinen Truppen marschieren oder den Rückzug antreten solle. Ebenso fragte er dasselbe Seine Hoheit von Lothringen, der neben dem Kaiser stand, und folgte dann dem Kaiser nach Ebersdorf und von dort nach Schwechat, wo sich das Hauptquartier befand. Sobald der König den Kaiser kommen sah, kam er näher, begleitet von seinem Sohn dem Prinzen, dem großen Marschall Jablonowski, Paladin von Russland, sehr wacker begleitet von mehreren anderen Standespersonen; und als wir ebenso in einer großen geschlossenen Formation marschierten, formten wir einen Halbkreis auf beiden Seiten und rückten so eng zueinander, dass wir einen vollkommenen Kreis bildeten, in den keiner hineintreten konnte.

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