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Politisches Testament Friedrichs II. („des Großen”)(1752)

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Finanzen, innere Verwaltung, Politik und Militärwesen sind so eng miteinander verbunden, daß es unmöglich ist, eines dieser Gebiete zu behandeln und die anderen dabei nicht zu berücksichtigen. Wenn das geschieht, bekommt das den Fürsten schlecht. In Frankreich regieren vier Minister das Königreich: der Generalkontrolleur der Finanzen, der Marineminister, der Kriegsminister und der Minister für auswärtige Angelegenheiten. Diese vier Könige verstehen einander nicht und werden sich auch nie einig; von da kommen all die Widersprüche, die wir in der französischen Regierung erleben: der eine stürzt aus Mißgunst um, was der andere mit Geschick aufbaut; kein System, keine Planung; der Zufall regiert, und alles in Frankreich vollzieht sich so, wie die Hofintrigen laufen; die Engländer wissen alles, was sich in Versailles abspielt; keinerlei Geheimnis und folglich keinerlei Politik.

Eine gut geführte Regierung muß auf einem System beruhen, das ebenso geschlossen ist, wie es ein System der Philosophie sein kann, so daß alle getroffenen Maßnahmen wohl erwogen sind, und die Finanzen, die Politik und das Heerwesen ein und dasselbe Ziel verfolgen, das Festigung des Staates und Wachstum seiner Macht heißt. Nun, ein System kann nur einem Kopf entspringen; es muß also von dem des Fürsten ausgehen. Faulheit, Schwelgerei und Schwachsinn sind die Gründe, die die Fürsten daran hindern, das hohe Amt, ihren Völkern Glück zu bereiten, zu erfüllen. Solche Fürsten machen sich so verächtlich, daß sie zum Gerede und Gespött ihrer Zeitgenossen werden und ihre Namen höchstens auf der Zeittafel ihrer Epoche erscheinen. Sie verkümmern auf dem Thron, unwürdig, ihn innezuhaben, und nur damit beschäftigt, ihre eigenen Wünsche zu befriedigen. Die Nachlässigkeit, die sie ihren Völkern gegenüber an den Tag legen, wird geradezu kriminell. Ein Fürst ist nicht in diesen hohen Rang erhoben, man vertraut ihm nicht die höchste Gewalt an, damit er in Trägheit dahinlebt, sich auf Kosten des Volkes mästet und glücklich ist, während jedermann leidet. Der Fürst ist der erste Diener seines Staates. Er wird gut besoldet, damit er die Würde seines Standes wahren kann; aber man verlangt von ihm, daß er nach Kräften für das Wohl des Staates arbeitet und zumindest mit Aufmerksamkeit die hauptsächlichsten Geschäfte regelt. Ohne Zweifel braucht er Hilfe; die Arbeit im einzelnen geht für ihn zu weit; er muß aber ein Ohr für jedermanns Klagen haben und denen rasch Gerechtigkeit widerfahren lassen, die man unterdrücken will. Einst kam eine Frau mit einer Bitte zu einem König von Epirus, der sie hart anfuhr und ihr sagte, sie solle ihn in Ruhe lassen: „Und wozu bist du denn König“, entgegnete sie, „wenn nicht, um mir Recht zu verschaffen?“ Ein schöner Ausspruch, an den sich Fürsten ohne Unterlaß erinnern sollten.

Wir haben hier das Generaldirektorium, die Justizkollegien und die Kabinettsminister, die täglich an den Landesfürsten ihre Depeschen mit ausführlicheren Berichten über alle Angelegenheiten senden und ihn um seine Entscheidung bitten. Die Minister erklären sogar ihr Für und Wider in strittigen oder schwierigen Fällen, was den Fürsten in die Lage versetzt, auf den ersten Blick hin Stellung zu beziehen, vorausgesetzt, daß er sich die Mühe macht, die vorgebrachte Sache zu lesen oder genau anzuhören. Ein klar denkender Kopf erfaßt mit Leichtigkeit den Kernpunkt einer Frage. Diese Methode der Geschäftsführung ist derjenigen vorzuziehen, wo der Fürst im Rate präsidiert, weil aus großen Körperschaften keine klugen Urteile zu erwarten sind, die Minister unter sich intrigieren, was sie auseinanderbringt, Haß und Leidenschaft einzelner sich in die Staatsangelegenheiten mischen, die Art, wie sie die Streitfälle in oft allzu lebhaften Disputen erörtern, nur Dunkelheit verbreitet, statt Licht in sie hineinzutragen, und schließlich die Geheimhaltung, die die Seele der Geschäfte ist, von dermaßen vielen Personen nie ganz gewahrt wird.

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