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Kaiser Joseph II., Anweisungen an alle Staatsbediensteten betreffend die Grundsätze zur Erfüllung ihrer Pflichten (13. Dezember 1783)

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1mo von nun an alle nach mass des ihm anvertrauten faches der staatsverwaltung von mir erlassene hauptentschliessungen und normalresolutionen neuerdings aus den registraturen erheben, selbe sammlen und solche dergestalten fleissig lesen und durchgehen, damit er den wahren sinn derselben und deren absehen sich ganz eigen mache.

2do hat die erfahrung nur leider bewiesen, dass anstatt das gute in einer resolution aufzusuchen und den sinn, den man gleich nicht recht begreift, zu ergründen oder nach billigen vertrauen auf die bekannte gesinnungen selben mit eifer zu ergreifen und sich die befolgung angelegen zu halten, man nur denselben auf der unangenehmen oder verkehrten seite betrachtet, dessen expedirung solang als nur möglich verzögert, ohne erläuterungen dahin gibt, keinen menschen belehret und dergestalten nur ein unwirksames geschrey auszubreiten trachtet, ja meist eine unbedeutende und öfters zur befolgung nicht genug klare belehrung hinausgibt, anmit aber den wahren unterscheid nicht beobachtet, dass der landesfürst durch seine befehle nur seine gesinnungen und absehen zu erkennen gibt, seine hof- und landesstellen aber gemacht sind, seine willensmeinung bestimmter zu erklären und alle wege, welche zu deren richtiger-, genauer- und geschwinderen befolgung führen können, auszuwählen und anstände zu entfernen, auch darauf beständig zu wachen, dass sie fleissig und ohne ausnahm befolget werden, weil nur aus dem ganzen umfang und aus der genauen befolgung das wahre gute entstehen kann und zu geschehen hat. Ohne dieses absehen und gesinnung wäre die beybehaltung so vieler hof- und länderstellen und übriger davon abhangender beamten die übelste staatswirtschaft, da mit so vielen kösten so viele leute gehalten würden, die mehr zur verwirrung und vereitlung der geschäften, als zu deren beförderung und befolgung dienen; wenn diese stellen nur materialisch verbleiben, nicht wirken und nicht nachsehen, so könte keine wirtschaftlichere einrichtung seyn, als sie samentlich abzudanken und dadurch millionen zu ersparen, welche an der contribution nachgelassen würden und wovon der unterthan eine viel grössere wohlthat spürte, als ihm itzo bey schlechter verwaltung von so zahlreichen beamten zugehet, und könten die befehle und berichte eben so gut gerad hieher ad centrum von den dominiis oder kreishauptleuten einlaufen, alhier die generalien gedrukt, an alle hinausgeschikt, so wie alle die particuliers betreffende gegenstände abgethan werden, als wenn so wie anjetzo durch einen langen umtrieb eine kahle begleitung des kreishauptmanns oder comitats, der landesstelle und eben so die erfolgende entschliessung ohne weiterer belehrung hinaus erlassen wird, wodurch nur zeit verlohren und viele aufsätzmachende, überlegende, eintragende, abschreibende und endlich unterschreibende besoldet werden. Wenn aber, wie ich es für die zukunft verhoffen will und einzuführen wissen werde, diese gesamte vom staat besoldete blos allein nach ihrem amt mit allen ihren kräften auf die befolgung aller befehle, auf die erklärung und einleitung aller aufträge wachen und das gute in allen theilen erhalten und bewerkstelliget werden wird, alsdann ist deren zahl und beköstigung eine väterliche vorsorge, wovon jedes individuum in der monarchie seinen nutzen und das gute zu ziehen hat.

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