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Wenzel Anton Kaunitz-Rietberg, „Allergnädigst anbefohlenes Gutachten über die Verbesserung des Systematis in internis” für Maria Theresia (14. April 1773)

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Ob es nun zwar zu Vertheidigung der Verbott-Gesätze an scheinbaren Gründen nicht ermangelt und die conditionirte Ertheilung der Päße als ein sehr vortheilhaftes Mittel zu Erhebung der innländischen Fabriken angegeben wird, so laufen doch die Päße auf ein wahres und solches Monopolium hinaus, wo ein Kaufmann vor dem anderen sehr begünstiget und die Abnahm der innländischen Fabricaten durch hundertley Mittel vereitelet werden kann.

Ohne nun in weitere Wiederlegung der Verbott-Gesätze einzugehen, nehme ich die Freyheit, nur so vieles der allerhöchsten Beurtheilung vorzulegen, daß seit deme diese Gesäze in der besten Meinung bey uns eingeführet worden, der Handel und Wandel und selbsten unsere Fabriken, um derentwillen doch alles geschehen seyn soll, nicht nur nicht zugenommen, sondern im Gegentheil sehr abgenommen, und dem allerhöchsten Aerario theils durch die von ihm erhaltene namhafte Vorschüße und theils durch den Abgang an dem Mauth Gefäll einen beträchtlichen Schaden verursachet haben. [ . . . ]

3tio. Wenn aber in einem Stück die Hemmung des freyen Handels und Wandels dem Staat zum empfindlichen Nachtheil gereichet, so ist es gewißlich die Einschränkung und der Verbott des Getreid-Handels. [ . . . ]

Die Pfarrer wären durch die zu veranlassende fleissige Aufsicht der Ordinariorum dahin anzuhalten, daß sie einen ihrem Stande gemässen Lebenswandel führen, die Seel Sorge, den Unterricht in der Religion und die Cathechisirung fleissig verrichten.

Von Seiten des Gouvernement wäre dafür zu sorgen, daß von gelehrten und vernünftigen Männern eine geistliche Bauern Moral nach dem Begrif und den Umständen gemeiner Leuthe verfasset, darinnen die Schuldigkeiten gegen Gott, den Landesfürsten, den Nächsten und sich selbsten kurz und deutlich angezeiget, die Liebe des Vaterlands eingeprägt und die Gelindigkeit der gegenwärtigen Regierung vorstellig gemacht würde. Aus welchem zum Druck zu befördernden Schriften die Pfarrer, anstatt ihrer gemeiniglich sehr einfältigen Predigen, ein oder mehrere Capitel des Sonn- und Feyertags dem Volk vorzulesen hätten.

Der Schulmeister müsste zugleich den Kirchendiener abgeben, und da zu Unterrichtung des Landvolks die Übersetzung verschiedener bereits hier landsbekannter Würtschafts Bücher zu verfügen und zugleich die Einrichtung zu treffen wäre, daß alle landesfürstliche Befehle, welche der Landmann befolgen soll, so kurz und deutlich als möglich verfasset zum Druck beforderet und jedem Dorf zugeschickt werden, so hätte der Schulmeister sowohl die Würtschafts Unterweisungen als die erwehnte Befehle dem Volk zu bestimmten Zeiten vorzulesen und andurch den grossen Endzweck zu beforderen, daß dem Volk die nöthige Kenntniß in der Religion, Moral, Landwirtschaft und von den landesfürstlichen Verordnungen nach und nach beygebracht und andurch der ganze National Geist abgeändert und verbessert, auch der Unwissenheit der allerhöchsten Befehlen gänzlich und auf einmal abgeholffen werde. [ . . . ]

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