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Erzherzog Joseph II., „Politische Tagträume” [Rêveries politiques] (1763)

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Die Privatpersonen werden ihr Geld im Handel und in der Landwirtschaft investieren, um von ihrem Kapital mit dem größten Gewinn zu profitieren. [ . . . ]

Die Monarchie befände sich durch diese Maßnahmen in glänzendem Zustand, einige Einzelpersonen und vor allem die Mächtigen litten darunter, aber die großen Mißstände benötigen eine Gewaltkur. Ich halte diese Mittel noch für die einfachsten, um zum großen Ziel zu gelangen, die Monarchie in der Gegenwart zu unterstützen und in der Zukunft aufrechtzuerhalten. Ich kann nicht glauben, daß man sich in der Verfolgung dieser Prinzipien und Absichten vor Gott oder den Menschen einer Verfehlung schuldig machen könnte, aber dies sind nur unausgegorene Ideen, und lediglich die Grundprinzipien, die man bei allen Handlungen vor Augen haben muß. Jetzt ist der günstige Moment. Jeder erwartet, belastet zu werden, der Kredit beginnt zu schwinden, niemand wird sich, oder nur sehr wenig, über diese Steuern, die ich vorschlage, beklagen, weil man ihren Sinn einsieht und die Hoffnung, zu der sie berechtigen.

Die Herabsetzung der Großen, die ich am nützlichsten und notwendigsten finde, ist eine Zielsetzung, die man kaum sich selbst eingestehen sollte, aber die man bei allen seinen Handlungen im Blick haben muß. Sogar der Staatsrat darf nichts davon wissen, die Beschlüsse, die der Herrscher faßt, müssen sich daraus ergeben. [ . . . ]

Die Guten belohnen, die Unfähigen entlassen, die Schlechten bestrafen – ich glaube, daß der Staat nach diesem Konzept sowohl in der Gegenwart als auch in der Zukunft glücklich und angesehen wäre. Ist der Entschluß einmal gefaßt, so muß man entgegen allen Widrigkeiten in allen Punkten daran festhalten, denn wenn man einen Teil ausklammert, wird das Ganze verfälscht.




Quelle: Derek Beales, „Joseph II’s ‚Rêveries‘“, in Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchiv, Bd. 33. Wien/Horn 1980, S. 155-60. [Der Text erscheint hier im französischen Original.]

Deutsche Übersetzung aus: Der Josephinismus. Ausgewählte Quellen zur Geschichte der theresianischen Reformen. Herausgegeben von Harm Klueting. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1995, S. 78-84.

Abgedruckt in Helmut Neuhaus, Hg. Zeitalter des Absolutismus 1648-1789. Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellung. Herausgegeben von Rainer A. Müller, Band 5. Stuttgart: P. Reclam, 1997, S. 213-22.

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