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Maria Theresias Politisches Testament (1749-50)

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Da nun nach diesem Grundsatz meine Intentiones jeder Zeit wohl geprüfet, so habe nachgehends alles mit großer Standhaftigkeit unternommen und kräftig soutenieret, wobei so ruhig in meinem Gemüt in denen größten Nöten gewesen, als wann mich die Sachen selbsten gar nichts angiengen; dann mit der eigenen Tranquillität und Vergnügen, wann es die göttliche Providenz dergestalten disponieret hätte, die ganze Regierung alsogleich abgeleget und meinen solchen in Anspruch genommenen Feinden selbsten überlassen hätte, wann dardurch geglaubt, meiner Schuldigkeit nachzukommen, oder der Länder Bestes zu befördern, welche zwei Puncta allezeit meine Hauptmaximen waren. Und so lieb ich auch meine Familie und Kinder habe, dergestalten daß keinen Fleiß, Kummer, Sorgen noch Arbeit vor selbe spare, so hätte jedoch derer Länder allgemeines Beste denen allezeit vorgezogen, wann in meinem Gewissen überzeuget gewesen wäre, daß solches tun könne oder daß dererselben Wohlstand dieses erheischete, indeme sothaner Länder allgemeine und erste Mutter bin.

In diesen Umständen fande ich mich ohne Geld, ohne Credit, ohne Armee, ohne eigene Experienz und Wissenschaft und endlich auch ohne allen Rat, weilen ein jeder aus ihnen anvorderist sehen und abnehmen wollte, wohin die Sachen sich wenden würden. In dieser Situation befande ich mich, da von dem König von Preußen feindlich angegriffen wurde. Dieses Königs süße Worte und kräftigste Versprechungen machten sogar meine Ministres irre, maßen man nicht glauben konnte noch wollte, daß der König in Preußen feindlich agieren würde. Dieses von denen Ministris, besonders Sintzendorf hegende Vertrauen, dann meine Unerfahrenheit und guter Glauben waren Ursach, daß die Defensionsveranstaltungen in Schlesien nicht minder die Nachruckung derer nächstgelegenen Regimentern größten Teils negligieret, andurch aber den König in Preußen freie Hand gelassen wurde, das Herzogtum Schlesien sich binnen sechs Wochen zu bemächtigen.

Gotter wurde von dem König in Preußen anhero gesendet, als selbter bei Glogau stunde, und bald darauf wirklich schon Herr von Breslau war, welcher proponierete, seinem Herrn ganz Schlesien abzutreten und sofort sich seiner Assistenz gegen alle übrige Successionsansprüche, nicht minder der Beihülfe zu der Kaiserkron vor meines Gemahls Liebden zu versichern. Einige meiner Ministren hielten ratsam, sich mit dem König in Tractaten einzulassen, und zwar Sintzendorff, Harrach und Kinsky, der andere Teil des Ministerii, Starhemberg und Bartenstein, deme ich beigefallen, behauptete, samb die Abtretung eines Stuck Landes, wann solches auch nur aus einigen Fürstentümern bestünde, der Pragmatischen Successionsordnung umb so praejudicierlicher wäre, als hierdurch alle Puissancen als deren Garanteur sich zu einer ferneren Garantie umb so weniger verbunden achten würden, weilen man hiesigen Ortes sothane unzertrennliche Erbfolgen durch den angestoßenen Tractat mit Preußen selbst unterbrochen hätte, der König auch sobald er einen Teil Schlesiens durch eine Konvention erhielte, das übrige oder doch wenigstens dessen größten Teil pro indemnisatione seiner nach deren Maß zu leistenden Hilfe an sich ziehen dürfte. Die Werke haben es auch gezeiget, daß wir recht hatten und dem König es um ganz Schlesien zu tun ware.

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