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Maximilian von Montgelas, „Ansbacher Mémoire”. Vorschlag für ein Staatsreformprogramm (30. September 1796)

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Hier werden lediglich die wichtigsten Reformpunkte angesprochen. Es gibt noch eine Vielzahl weiterer, die zu sehr in die Einzelheiten der inneren Verwaltung führen und daher nicht mehr zum Thema dieser Schrift gehören, wie zum Beispiel die Abschaffung oder wenigstens Neuregelung der Fronen, die Ausschaltung der Willkür bei der Einforderung der Besitzwechselabgaben, des Laudemiums, sowie bei derjenigen der übrigen grundherrschaftlichen Rechte und Abgaben. Dieser Punkt ist um so wichtiger, er erfordert eine um so gründlichere Diskussion, als es darum geht, die Interessen des Abgabenpflichtigen, die Begünstigung, die man dem Fortschritt der Landwirtschaft nicht verweigern kann, mit dem zu vereinen, was man dem geheiligten Recht des Eigentums schuldig ist. Wir verzichten darauf, die Frage zu erörtern, ob es günstig wäre, die Fideikommisse und Majorate abzuschaffen. Wir sprechen auch nicht mehr von der Abschaffung einer Vielzahl kleiner Niedergerichtsbarkeiten, die unnötigerweise die Justizverwaltung komplizieren. Wir übergehen mit Stillschweigen die Reform des Zivilrechts, des bayerischen Gesetzeskodex und besonders des Strafrechts, die schon seit langem von allen humanen und aufgeklärten Personen dringend gewünscht wird.

IV. Das Ministerium für geistliche Angelegenheiten [ . . . ]

Die Auseinandersetzungen mit den Offizialaten haben sich ins Unendliche vervielfacht. Sie haben eine völlige Lockerung der Disziplin des Klerus zur Folge und begünstigen die Verderbtheit der Priester, indem sie allen ihren Exzessen Straffreiheit verschaffen. Zweifelsohne haben sich die Offizialate große Übergriffe auf die Rechte des Souveräns erlaubt, doch der Widerstand war [auch] nicht immer weise und systematisch. [ . . . ]

Die Verwaltung der Kirchengüter ist in einem Grade vernachlässigt worden, daß es eine Schande ist für die Regierung, die dieses duldet, ebenso wie für die Angestellten, die sich eine solche befremdliche Pflichtvergessenheit gestatten. [ . . . ]

Die Abteien und Konvente erfordern eine Reform, welche sie nützlicher für die Gesellschaft macht, als sie es in der Vergangenheit gewesen sind. Die Bettelorden sollten ganz aufgehoben werden. [»Les ordres mendiants devraient être réformés tout à fait.«] Sie fallen der Gesellschaft zur Last, indem sie auf deren Kosten leben und in ihr Unwissenheit und Aberglauben erhalten. Die anderen Ordensgemeinschaften könnten auf die Zahl von Brüdern und Schwestern [die sie] zur Zeit ihrer ursprünglichen Gründung [besaßen,] reduziert werden. Die verbleibenden Mitglieder dürften die Verwaltung ihrer Güter in ihrer derzeitigen Form behalten, doch sollten sie nur berechtigt sein, den für ihren Unterhalt nötigen Teil der Einkünfte zu verwenden, entsprechend einem Satz, der auf der Basis von soundsoviel pro Kopf festgelegt wird. Man würde sie verpflichten, den Rest, abzüglich der Verwaltungskosten, an die Kirchenkasse abzuführen, um ihn zum Nutzen des Staates zu verwenden. Man hat versucht, diesen Plan in Frankreich durchzuführen. Die Republik von Venedig hat ihn 1768 und 1769 erfolgreich verwirklicht. 1770 hat ihn der Marquis de Tanucci im Königreich Neapel eingeführt. Da die Oberen der meisten dieser Ordensniederlassungen in den Provinzialständen Sitz und Stimme haben und in dieser Eigenschaft einen wesentlichen Bestandteil der jeweiligen [Provinzial-]Verfassungen bilden, wäre es günstig, sich mit ihnen über die Mittel und Wege zu verständigen, diese wohltätigen Absichten zu fördern.

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