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Veit Ludwig von Seckendorff, Auszüge aus Teutscher Fürsten-Staat (1656)

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Cap. V. Von der Administration und Verwaltung des weltlichen Regiments, nach vorher gesetzter Maasse, wie solche dem Landes-Herrn obliege, und er darzu Räthe und Diener gebrauche

Welcher gestalt die landes-fürstliche regierung in weltlichen sachen in vier haupt-puncten bestehe, und wie solche wegen unterschiedlicher betrachtungen gemäßiget und umgeschräncket sey, haben wir in den vorhergehenden capiteln, zu vernehmen gehabt, darauf nunmehr zu berichten fället, wie dann solche regierung in allen ihren puncten geführet werde.

§ 1. Hievon ist in diesem capitel insgemein so viel zu zeigen, einmal, daß der landes-herr das Haupt-werck seiner Regierung, am allermeisten durch seine selbst eigene person zu verwalten habe, worzu dann ihn nicht allein die göttliche ordnung, krafft derer er im stande der obrigkeit lebet, sondern auch das löbliche herkommen, recht und befugniß seiner land und leute, und des gantzen teutschlandes, verbindet, alsfern er nicht nothwendiger weise wegen anderswo auch habender land und leute, hoher expedition in kriegs- und reichs-sachen und dergleichen, auf eine zeitlang, oder ordentlich, abwesend seyn muß, welchen falls er dennoch durch einen ansehnlichen statthalter, und deme zugeordnete räthe, dem lande vorstehen läst, auch wohl je zu zeiten sich selbst dahin verfüget. Denn es bezeigen die geschichte der lobwürdigsten Teutschen regenten, wie sich dieselbe von alters her also tapffer, gewissenhafft, treu und embsig in ihren hohen beruff des obrigkeitlichen amts erwiesen, daß die unterthanen vermercken und spühren können, wie ihr angebohrner natürlicher erb-Herr, nicht nur den blossen nahmen und titul, sondern auch die verrichtung und last des regiments auf sich habe.

Hingegen geben die exempel anderer lande, im fall die landes-herren sich ihrer regierung nicht unterziehen: sondern andern unnöthigen sachen obliegen, und alles an die diener lassen, oder gar zu lange ausser landes sich aufhalten; daß durch solche versäumniß ihres beruffs allerhand unordnung, ungerechtigkeit und grosses verderben, ihre lande und leute betroffen, offt auch die unterthanen aufrührisch worden, und nach einem andern und besseren regiment verlanget.

§ 2. Es erweiset sich aber diese persönliche bemühung, oder eigentliche amts-verrichtung vornehmlich hierinnen, daß der landes-fürst einmal insgemein zuförderst dahin trachtet, die eigentliche beschaffenheit seines landes umständlich zu wissen, und sich bekant zu machen, das geschehe nun durch eine ausführliche beschreibung alles dessen, was im lande, an grund und boden, städten und dörffern, leuten, unterthanen und dienern, gerichten und gerechtigkeiten, ihme oder seinen landes-ständen, zustehet, oder daß er durch lange erfahrung und augenschein dieser dinge kundig sey, und also wisse, wie weit, und worüber sich seine macht und regierung erstrecke, und wie er darinn gegen das reich, seine gefreundte, und die unterthanen selbst, wegen gemeiner satzungen, verträge und andere befugniß, wie wir bißhero in dem nechst vorgehenden capitel angeführet, maasse halten müsse.




Quelle: Hn. Veit Ludwig von Seckendorff, Teutscher Fürsten-Staat. Samt des sel. Herrn Autoris Zugabe Sonderbarer und wichtiger Materien. Vor itzo aber Mit Fleiß verbessert, und mit dienlichen Anmerckungen samt dazu gehörigen Kupffern, Summarien und Register versehen, durch Hn. Andres Simson von Biechling, Hochfürstl. Sachsen-Meiningischen Geheimden Rathe. Die neueste Auflage. Jena: Meyerische Buchhandlung, 1737, S. 31-78.

Abgedruckt in Helmut Neuhaus, Hg. Zeitalter des Absolutismus 1648-1789. Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellung. Herausgegeben von Rainer A. Müller, Band 5. Stuttgart: P. Reclam, 1997, S. 152-68.

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