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Veit Ludwig von Seckendorff, Auszüge aus Teutscher Fürsten-Staat (1656)

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Cap. II. Von der Maasse der Landes-Fürstlichen Hoheit, in ansehung Kayserlicher Majestät und des Reichs

[§ 1.] Damit aber aus dem vorhergehenden capitel nicht die meinung geschöpffet werde, als ob eine teutsche landesherrschafft so gar frey, und ohne einige ziel und maasse ihre hoheit zu gebrauchen hätte, so haben wir uns zu erinnern, wie im ersten theil schon kürtzlich gemeldet worden, daß wir von solchen landen reden, die im Römischen Reich teutscher nation liegen, auch von solchen herren und ständen, die von Käyserl. Maj. als dem höchsten oberhaupt im Reich mit ihren landen und herrschaften, oder doch mit deroselben regalien beliehen werden.

Daraus folget nun, daß sie auch unter dem Käyser und dem Reich seyen, und mit empfahung ihrer regalien das Reich, wie im R. A. de Anno 1500. Tit. der teutsche orden, geredet wird, erkennen: Also, daß dannenhero ein teutscher fürst oder landes-herr, nicht allein in seinem gewissen gegen Gott dem Allmächtigen, seine regierung und handlung zu verantworten hat, sondern er ist auch schuldig, und mehrentheils mit eydes-pflichten verbunden, einem ordentlichen erwehlten regierenden Römischen Kayser und dem Reich, gebührlichen respect und gehorsam zu leisten und demjenigen, was Käyserliche Majestät, und die Churfürsten, Fürsten und Stände des Reichs, altem herkommen nach, geordnet und geschlossen haben, und noch schliessen werden, für sich, und in seiner landesregierung in acht zu nehmen, es wäre denn, daß er eines andern durch gewisse privilegien, freyheiten und bedingungen befugt wäre.

Solche schuldigkeit und maasse der landes-fürstl. hoheit desto besser zu verstehen, wollen wir dieselbe, nach denen vorhero im 1. capitel gesetzten vier hauptpuncten der landes-fürstlichen regierung, betrachten und erklären.

§ 2. Bey dem Ersten, nehmlich der erhaltung seines fürstlichen standes, ehre, macht und hoheit, ist er schuldig, zuförderst den respect, ehre und hoheit des teutschen Reichs, und der Kayserlichen Majestät vor augen zu haben, nicht allein (1) mit äusserlichen worten und titul, daß er nemlich den Römischen Kayser seinen allergnädigsten Herrn nennet, und ihme den titul Ihrer Käyserl. Majestät giebet, sich aber einen unterthänigsten, oder allerunterthänigsten gehorsamsten fürsten des Reichs heisset und nicht, wie gegen andere, sich Von Gottes Gnaden, und Wir, sondern nur Ich schreibet, und was dergleichen gebührliche ceremonien und höflichkeiten mehr sind.

Sondern er ist auch (2) mit seinen pflichten dahin gewiesen, daß er sich, und seine lande und leute bey dem Röm. Reich, und unter dessen höchsten botmäßigkeit erhalte, und weder sich selbst davon ausziehe, und eine mehrere freyheit, als sich von alters her, und rechtswegen gebühret, mit gewalt oder vortheil suche, noch weniger aber einem andern fürsten im Reich, oder gar einem fremden sich unterwerffe.

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