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Eine Denkschrift des Grafen Johann Anton Pergen an den österreichischen Mitregenten Joseph II. darüber, welchen „Werth der Besitz der Kaysercrone” für das Haus Österreich habe (1766)

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Ad 5tum: mit Bestand versicheren, daß, wann ein regierender Kayser eine Geringschätzung gegen die Stände bezeigete, eine Gleichgültigkeit oder Vernachläsigung in denen die Reichswohlfahrt betreffenden Geschäften verspüren ließe, öffentliche Eingriffe in die reichsständische Rechte wagen, und zu dem Argwohn Anlaß geben wollte, daß er seine Haußmacht zu Bezwingung derer sich nicht nach deßen Winck richten wollenden Ständen zu mißbrauchen gedenke, oder wohl gar durch einen äuserlichen hohen und gebietherischen Betrag kriegerische Absichten an Tag legete, die Kaisercrone höchst schädlich werden, und bey dem in dem Reich obwaltenden Partheygeist, dann wegen innerlicher Stärke derer Protestanten, dann der Ungewißheit, worinnen die Catholische und gut gesinnte sich annoch befinden, dermalen den Grund zu dem Untergang des Durchl. Erzhauses abgeben würde, anerwoge erstere sich alle an Preußen und Braunschweig hängen, die Catholische aber sich ihrer eigenen Sicherheit halber fremden Cronen in die Hände werfen, und Ihro kays. May. sich in und außer dem Reich gehäßig machen, und ohne Unterstützung bleiben würden, wodurch dem König von Preußen so zu sagen das Heft in die Hände gegeben würde, dem Durchl. Erzhauß allen möglichen Abbruch zu thun, und selbiges zu schwächen. Es ist zwar an dem, daß

6to: ob, und was für Mittel vorhanden, wordurch Ihro May. Ruhm und Ansehen erwerben, und Ihro Haußes Beste wahrhaft beförderen können?

Ad 6tum: annoch Mittel vorhanden seynd, wodurch Ihro jetzt gloreichst regierende kays. May. sich annoch das gröste Ansehen und Ruhm, auch Ihro Durchl. Erzhauß die wichtigste Vortheile durch die Kaysercrone verschaffen können. Jedoch ist keine Zeit zu versäumen, dazumal Ihro May. bekannte grose Eigenschaften und insbesondere der Eyfer in Vermehrung ihrer Haußmacht ohnehin allenthalben Aufmerksamkeit erwecket, der einsichtig und in guter Verfaßung stehende protestantische Theil sich immer mehr zusammen verbindet, der Schwäche[re] und annoch in keiner Militärverfaßung stehende catholische hingegen sich in einer solchen Ungewißheit befindet, daß derselbe sich entweder durch die daraus entspringende Kleinmüthigkeit zu verschiedenen die Preusische Macht vermehrenden Complaisanzen hinziehen, oder in solche durch auswärtige Cronen unterstützte Bündniße sich einlaßen dörfte, daß es nicht mehr von ihm abhangen wird, sich an Ihro kays. May. und das Durchl. Erzhauß gänzlichen anzuschließen, wodurch dann die auswärtige Cronen die schönste Gelegenheit überkommen, in dem Reich den Meister zu spielen, und nebst Verdunkelung des allerhöchsten Ansehens Ihro May. gleichsam zu zwingen, ihre Einwilligung und Vermittelung in denenjenigen Unternehmungen anzuflehen, mithin diesen Cronen für diejenige Vortheile dankbar zu werden, welche Ihro kays. May. ansonsten als Kayser ohne Zuthun fremder Mächten zu erhalten befugt und fähig wären; die sehr starke und seit einiger Zeit verdoppelte Bemühungen derer Cronen, England und Frankreich um einen gröseren Einfluß in die Reichsständische Cabineter zu erhalten, und sich hierzu die Ungewißheit, worinnen insbesondere die Catholische sich befinden, zu Nutze zu machen, laßen mit Grund besorgen, daß sie auf einmahl als Garannto verschiedener Bundnüße derer Reichsständen unter sich auftretten werden, wann nicht die Geneigtheit und Vertrauen derer letzterer zu gewinnen, und anmit denen fremden Mächten vorzukommen in balden sich bemühet werden sollte.

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