GHDI logo

Verwaltungshilfe (17. Juni 1994)

Seite 2 von 3    Druckfassung    zurück zur Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument


Karriereknicks

Die Wende bedeutete natürlich auch für viele ehemalige Verwaltungskräfte den Abschied von ihrem Amt; die große Mehrheit wurde jedoch übernommen. Da gab es Karriereknicks: frühere Abteilungsleiter fanden sich nach Anlegung westlicher Maßstäbe plötzlich als Referenten wieder; Dezernatsleiter konnten gerade noch als Sachbearbeiter verwendet werden. Viele scheiterten letzten Endes an ihrer Systemnähe, sei es zu Partei oder Sicherheitsbehörden. Manfred F., aus Westdeutschland kommender Leiter eines Postamtes, lobt sein ostdeutsches Personal: „Sie haben es alle gepackt, und schwache Mitarbeiter hatten wir auch im Westen.“

Er merkt aber, daß der Zwang zum Personalabbau seine Mitarbeiter zunehmend belastet. Der ostdeutsche öffentliche Dienst war personell stark übersetzt; trotz zahlreicher Entlassungen und der niedrigeren Bezahlung sind die Personalausgaben pro Bürger in Ostdeutschland immer noch ein Drittel höher als im Westen.

Grundlage für den Verwaltungsum- und -neubau war das Gemeinsame Protokoll über Leitsätze zum Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion vom 18. Mai 1990, durch das sich die Regierung der DDR verpflichtet hatte, ihr Recht nach den Grundsätzen einer freiheitlichen, demokratischen, föderativen, rechtsstaatlichen Ordnung – das heißt: auf der Basis des Grundgesetzes – sowie der Rechtsordnung der Europäischen Gemeinschaft neu zu gestalten. Da dies nur mit westlicher Hilfe zu leisten war, hatte sich die Bundesregierung zur Amtshilfe verpflichtet.


Patenschaften

Die Verwaltungshilfe vollzog sich auf mehreren Ebenen: Der Bund hatte etwa 4 200 Behörden aufzubauen, darunter fast 200 der eigentlichen Bundesverwaltung, mehr als 1 200 im Bereich der Verteidigung, ca. 100 Grenzschutzstellen, jeweils etwa 1 300 Dienststellen von Post und Bahn. Bei deren Einrichtung konnte man die meisten der heute fast 420 000 Bediensteten aus dem Reservoir von Vorgängerämtern der DDR übernehmen.

Im Rahmen von Patenschaften vermittelten westdeutsche Landesregierungen fast 8 500 Mitarbeiter; ca. 1 500 kamen aus Bundesbehörden und kamen vor allem in den Ministerien zum Einsatz. Der Bund konzentrierte seine Personalhilfe im übrigen auf den Aufbau der Vermögens, Grundbuch-, Vermessungs- und Katasterämter, um mit der Neuordnung der Eigentumsordnung die Voraussetzung für das Gelingen des Aufbaues zu schaffen.

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite