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Das Beispiel Sket (21. Dezember 1992)

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Mit dem Abriß ihres Werkes übt die Sket-Mannschaft für die Zukunft. Denn die dabei eingesetzten Anlagen für Bauschutt-Recycling oder Boden-Dekontaminierung sollen einmal einen Teil des weggebrochenen Umsatzes auf den Ostmärkten ausgleichen. Doch das kann noch lange dauern. Dieses Jahr kommt Sket mit Mühe auf 365 Millionen Mark Umsatz, bei 240 Millionen Mark Verlust.

Klaus Oberländer, Vorgänger von Marx im Vorstand, hatte noch rund eine Milliarde Umsatz geplant. Mit den Folgen der Fehlplanung muß sich der frühere Generaldirektor des Kombinats allerdings nicht mehr abplagen.

Im Februar dieses Jahres erklärte Oberländer seinen Rücktritt. In der Presse war er immer wieder wegen seiner roten Vergangenheit in der SED-Betriebskaderleitung vorgeführt worden. Jetzt kümmert er sich in Singapur um neue Aufträge für Sket auf den fernöstlichen Märkten.

Seine Leute in Magdeburg trauern dem „roten Klaus“ noch immer nach. Leutselig schüttelte er jedem die Hand, wenn er durch die Hallen stürmte.

Die Arbeiter trauten dem ehemaligen Chef zu, daß er den Laden schon zusammenhalten würde. Der Personalabbau von 30 000 auf 6000 Mitarbeiter ging unter seiner Regie ohne Protest ab. Ein „sozialpolitisches Begleitprogramm“, das er mit Land, Stadt, Treuhand und Betriebsrat ausgehandelt hatte, sorgte dafür, daß in Magdeburg niemand in die Arbeitslosigkeit entlassen wurde.

Einstellungsstopp, Vorruhestand, Teilprivatisierungen, Personaleinsatzbetriebe und Beschäftigungsgesellschaft ermöglichten den tiefen Einschnitt in die Belegschaft ohne betriebsbedingte Kündigungen. „Wir hatten letztendlich immer eine Konsensstrategie“, sagt der Betriebsratsvorsitzende Wieblitz.

Den neuen Marx hatte der Betriebsrat zunächst als „Hoffnungsträger“ begrüßt. Der Ingenieur, zuvor Chef der Salzgitter Maschinenbau GmbH, war mit besten Empfehlungen der Kollegen aus dem Westen ausgestattet. Zu spät entdeckten die Magdeburger, daß die Metaller drüben in Wahrheit froh waren, einen „Totengräber“ loszuwerden.

Der kühle Rechner paßte nicht in das östliche Reizklima. Seine Zahlen stimmten. Aber die Stimmung in Magdeburg hatte er nicht richtig kalkuliert. Als Marx Anfang November auf dem von Meister Proper gesäuberten Thälmann-Platz sein Sanierungskonzept vortrug, pfiffen ihn 5000 wütende Sket-Arbeiter aus.

Seine Rechnung war einfach. Der Umsatz werde bis 1995 kaum wachsen. Bis dahin müßten sich die Thälmann-Werker auf westliches Produktivitätsniveau steigern – 200 000 Mark Umsatz pro Mann. Der Rest ist reine Algebra: Der Konzern braucht dafür nur noch rund 1800 Mitarbeiter. 4000 Leute in Magdeburg, Dessau, Genthin und Grüna müßten gehen. Vollends brachte Marx die Belegschaft mit dem guten Ratschlag gegen sich auf, „nicht darauf zu schielen, daß wir hier in Ostdeutschland was Besonderes sind“.

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