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Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Verbot der KPD und Abschließende Begründung im Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum KPD-Verbot (17. August 1956)

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Von Rechts wegen

Die Irrtümer und Missverständnisse, die in der Öffentlichkeit über dieses Verfahren entstanden sind, veranlassen mich, vor Bekanntgabe der wesentlichen Entscheidungsgründe einige Klarstellungen zu treffen:

Das Verfassungsgericht kann ein Verfahren nicht von sich aus einleiten. Es bedarf dazu immer des Begehrens eines Antragstellers. Den Antrag, eine Partei zu verbieten, kann die Bundesregierung stellen. Es steht in ihrem politischen Ermessen und unter ihrer ausschließlichen politischen Verantwortung, ob sie den Antrag stellen will und soll. Ist der Antrag gestellt, dann ist das Gericht verpflichtet, darüber zu entscheiden. Das Gericht hat seine Entscheidung nach rein rechtlichen Gesichtspunkten zu treffen; daher sind ihm politische Zweckmäßigkeitserwägungen versagt.

Nach Art. 21 Abs. 2 GG sind Parteien, die nach ihren Zielen und nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, verfassungswidrig. Über die Frage der Verfassungswidrigkeit entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

Das Gericht hatte also in diesem Verfahren lediglich über die Rechtsfrage zu befinden, ob nach den Zielen und dem Verhalten der KPD der gesetzliche Tatbestand des Art 21. Abs. 2 GG vorliegt. Es hatte zu prüfen, ob diese Ziele mit den Grundvorstellungen unserer Demokratie vereinbar sind. Als Wissenschaftslehre ist die Doktrin des Marxismus-Leninismus nicht Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens.

Dem Gericht und auch den einzelnen Richtern sind außerordentlich zahlreiche Zuschriften zugegangen, in denen die Aufforderung enthalten ist, das Verfahren einzustellen oder die Mitwirkung bei einem Verbotsurteil zu verweigern. Diese Zuschriften sind vielfach mit äußerst massiven Drohungen verbunden. Solche Einwirkungen können möglicherweise anderwärts wirksam sein. Das Bundesverfassungsgericht lässt sich in seiner richterlichen Entscheidung durch keinerlei Einwirkung von außen – von wem auch immer sie kommen möge – beeinflussen. Das Bundesverfassungsgericht ist lediglich dem Gesetz unterworfen und entscheidet nur nach Gesetz und Recht.



Quelle: Gerd Pfeiffer und Hans-Georg Strickert, Hg., KPD-Prozess. Dokumentarwerk zu dem Verfahren über den Antrag der Bundesregierung auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Kommunistischen Partei Deutschlands vor dem Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts. Karlsruhe 1956. Bd. 3, S. 581-82.

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