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CDU und „soziale Marktwirtschaft”: Düsseldorfer Leitsätze über Wirtschaftspolitik, Landwirtschaftspolitik, Sozialpolitik, Wohnungsbau (15. Juli 1949)

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Zur Verwirklichung der sozialen Marktwirtschaft stellen wir folgende Leitsätze auf:

1. Der Leistungswettbewerb ist gesetzlich sicherzustellen. Monopole und Träger marktwirtschaftlicher Macht sind einer institutionell verankerten, unabhängigen und nur dem Gesetz unterworfenen Monopolkontrolle zu unterstellen.
2. Wir erstreben gesetzliche Maßnahmen zur Vertiefung einer echten Verantwortung in der Wirtschaft.
3. Gesetzliche Maßnahmen zur Verschärfung der Publizität müssen vor allem bei den Kapitalgesellschaften getroffen werden.
4. Eine zentrale Aufsicht des Geldwesens ist zum Schutze der Währung erforderlich.
5. Marktgerechte Preise müssen entstehen und dürfen weder von staatlicher noch von privater Seite durch Willkür oder Diktat verfälscht werden. Solche Eingriffe verdrängen die Ware vom Markt. Wir bejahen jedoch die organische Preisbeeinflussung mit den Mitteln der Wirtschaftspolitik, insbesondere der Geld-, Kredit- und Steuerpolitik, damit die Ware bei sinkenden Preisen in steigendem Maße zum Markt drängt.
6. Im Interesse der deutschen Wettbewerbsfähigkeit auf den Weltmärkten streben wir eine Senkung des deutschen Preisniveaus an. Hierdurch wird zugleich eine Erhöhung des Realeinkommens erzielt.
7. Die Bildung von Löhnen und die Festsetzung von Arbeitsbedingungen muß dem Tarifvertragssystem überlassen sein. Leistungslohn und Lohnerhöhungen im Rahmen marktwirtschaftlich richtiger Preise sind zu bejahen. Sie erhöhen Kaufkraft und Nachfrage ebenso wie dies durch Senkung der Preise geschieht.
8. Technik und Wissenschaft sind mit Nachdruck zu fördern. Sie schaffen neue Bedürfnisse und Arbeitsmöglichkeiten. Sie senken die Gestehungskosten.
9. Die »soziale Marktwirtschaft« schließt freie Berufswahl, Niederlassungsfreiheit, Gewerbefreiheit und Freizügigkeit ein. Beim Handwerk muß jedoch wie bisher der Befähigungsnachweis (Meisterprüfung) erbracht werden. Das gleiche gilt für alle Berufe, für deren Ausübung der Befähigungsnachweis sachlich notwendig ist.
10. Die »soziale Marktwirtschaft« bejaht und fördert das private Eigentum. Eine gerechte Verteilung der wirtschaftlichen Erträge und eine soziale Gesetzgebung müssen aus den vermögenslosen Schichten unseres Volkes in großem Umfange besitzende Eigentümer machen. Neben größtmöglichster Streuung des Eigentums bejahen wir im industriellen Raum Unternehmungsformen in Gemeineigentum dann, wenn sie wirtschaftlich zweckmäßig, betriebstechnisch möglich und politisch notwendig sind.
11. Die Bildung von Sparkapital wollen wir nachdrücklich fördern.
12. Wir fordern eine umfassende Steuerreform insbesondere durch Abbau der geltenden Steuertarife in allen Stufen und durch Vereinfachung des gesamten Steuerwesens.
13. Es müssen wirksame Sicherungen gegen Wirtschaftskrisen und Massenarbeitslosigkeit geschaffen werden. Solche Mittel sind z. B. eine konstruktive Kredit- und Währungspolitik sowie die Investierungspolitik der öffentlichen Hand.
14. Den Außenhandel wollen wir mit allen Mitteln fördern. Der Marshallplan (ERP) wird von uns bejaht.
15. Eine deutsche Handelsflotte muß wieder geschaffen werden.
16. Die »soziale Marktwirtschaft« kann nur verwirklicht werden, wenn sie das Vertrauen aller Schichten des Volkes besitzt, d. h. wenn Unternehmer, Arbeiter, Angestellte und Verbraucher aktiv an ihrer Durchführung beteiligt werden.

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