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Ahlener Programm der CDU (Februar 1947)

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III. Neugestaltung des Verhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Betriebe

In den Betrieben, in denen wegen ihrer Größe das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Unternehmer nicht mehr auf einer persönlichen Grundlage beruht, ist ein Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmer an den grundlegenden Fragen der wirtschaftlichen Planung und sozialen Gestaltung sicherzustellen. Dies muß zunächst dadurch geschehen, daß die Arbeitnehmer des Betriebes in den Aufsichtsorganen, z. B. im Aufsichtsrat des Unternehmers, die ihnen zustehende Vertretung haben. Zu diesem Zweck bedarf es einer Reform des Gesellschaftsrechtes. Insbesondere ist dem Aufsichtsrat eine stärkere Stellung gegenüber der Verwaltung zu verleihen.

Bei Großbetrieben mit mehrköpfigem Vorstand sollte Betriebsangehörigen, die in langjähriger Betriebszugehörigkeit sich um den Betrieb verdient gemacht haben, Mitwirkung in der Leitung des Unternehmens durch Berufung in den Vorstand gewährt werden. Die Berufung erfolgt auf Vorschlag der Betriebsangehörigen, die dem Aufsichtsrat mindestens drei Vorschläge zu unterbreiten haben.

Dem von der Belegschaft gewählten Vorsitzenden des Betriebsrates ist Gelegenheit zur Mitwirkung in allen Fragen zu geben, welche die sozialen Interessen der Betriebsangehörigen berühren. Darüber hinaus hat die Betriebsleitung in jedem Fall dem Betriebsrat einmal monatlich Bericht über die Lage des Unternehmens zu erstatten, und den Betriebsratsangehörigen ist ein Anspruch auf Auskunftserteilung in diesen Besprechungen zuzubilligen.

Durch geeignete Maßnahmen soll den Arbeitnehmern eine Beteiligung am Ertrage gesichert werden. Die Formen dieser Beteiligung können verschiedenartig sein und unterliegen besonderer Vereinbarung.


IV. Planung und Lenkung der Wirtschaft

wird auf lange Zeit hinaus in erheblichem Umfange notwendig sein; es ist aber ein Unterschied, ob die Planung und Lenkung im Hinblick auf die Schwierigkeiten der wirtschaftlichen Lage erfolgt oder von Fall zu Fall als notwendig betrachtet wird, oder ob die Planung und Lenkung der Wirtschaft als Selbstzweck angesehen wird. Planung und Lenkung der Wirtschaft wird auch in normalen Zeiten in gewissem Umfange notwendig sein, was sich aus unserer Auffassung ergibt, daß die Wirtschaft der Bedarfsdeckung des Volkes zu dienen hat.

Diese Planungs- und Lenkungsaufgaben sollen von Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft in Wirtschaftskammern wahrgenommen werden. Ob diese Wirtschaftskammern identisch sein werden mit den Industrie- und Handelskammern, ist eine Frage von sekundärer Bedeutung. Notwendig ist auf jeden Fall, daß die breiten Massen der Arbeitnehmer und Konsumenten an dieser Planung und Lenkung innerhalb der wirtschaftlichen Selbstverwaltung neben den Unternehmern gleichberechtigt teilnehmen. In ihren letzten Entscheidungen unterliegen auch die Selbstverwaltungskörperschaften der parlamentarischen Kontrolle.

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