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Politische Leitsätze der SPD (Mai 1946)

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Arbeitsrecht – Sozialfürsorge

Es ist ein einheitliches Arbeitsrecht zu schaffen. Jedem Bürger soll die Möglichkeit gegeben werden, durch Arbeit seinen Lebensunterhalt zu erwerben. Soweit ihm angemessene Arbeitsgelegenheit nicht nachgewiesen werden kann, hat er Anspruch auf Lebensunterhalt. Jedem wird die gleiche Möglichkeit für seine Berufswahl und Berufsausbildung gegeben. Jedermann hat das Recht und die Pflicht, seinen Lebensunterhalt durch Arbeit zu erwerben.

Die Vereinigungsfreiheit zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ist für jeden und für alle Berufe zu gewährleisten. Zur Vertretung der Interessen der Arbeitenden in den Betrieben sind Betriebsräte mit weitgehenden Rechten zu bilden.

Das Fürsorge- und Gesundheitswesen ist eine öffentliche Angelegenheit. Zur Erhaltung der Gesundheit, zum Schutz der Mutterschaft, zur Vorsorge gegen wirtschaftliche Folgen von Alter und Unfällen soll eine einheitliche Sozialversicherung geschaffen werden, bei der die Versicherten maßgebend mitzuwirken haben. Jugendfürsorge und Jugendwohlfahrt sind öffentliche Aufgaben. Die Opfer des Krieges und der Diktatur haben Anspruch auf ausreichende Hilfe.


V. Die deutsche Einheit

Die deutsche Sozialdemokratie anerkennt die Pflicht zur Wiedergutmachung im Rahmen der wirtschaftlichen Möglichkeiten des deutschen Volkes. Sie ist für die Bestrafung der Schuldigen und der Kriegsverbrecher.

Die Sozialdemokratie erstrebt die Eingliederung des neuen Deutschlands in die neue internationale Organisation der Völker. Deutschland braucht die wirtschaftliche, soziale und politische Hilfe der demokratischen Nationen.


Die alliierte Politik

Das neue Deutschland leidet heute nicht nur unter der Erbschaft des Dritten Reiches, sondern auch unter der Tatsache, daß es keine gemeinsame Politik der Besatzungsmächte gegenüber Deutschland gibt. Die deutsche Sozialdemokratie wartet auf den Tag, an dem eine Klärung der Probleme in Deutschland und der Welt eine einheitliche Politik der Besatzungsmächte gegenüber Deutschland ermöglichen und die Politik der Besatzungszonen beenden wird.

Die Politik der Wirtschaftsverstümmelung, der Menschenversklavung und der Massenausrottung, die die Politik der nationalsozialistischen Diktatur war, darf im Zeitalter der Demokratie keine Geltung haben.

Wie die Demokratie nicht gesichert ist ohne die ökonomische Befreiung der Menschen, so ist sie ebenso unmöglich ohne die nationale Freiheit des Volkes. Die deutsche Sozialdemokratie erhebt den Anspruch auf die Erhaltung Deutschlands als eines nationalen, staatlichen und wirtschaftlichen Ganzen. Nur wenn es uns gelingt, Deutschland als Einheit zu erhalten, werden vor allem die jungen Menschen die Ideen des Friedens, der Demokratie und des Sozialismus nicht als Ergebnis des Zusammenbruchs des Dritten Reiches, sondern als selbstgewollte höhere Notwendigkeit begreifen lernen. Nur dann wird die Sozialdemokratie den Kampf gegen jeden neuerwachenden Nationalismus mit Erfolg führen können.

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