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Die Beschlüsse der Außenministerkonferenz der drei Westmächte in Washington (8. April 1949)

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3. Die Regierungen Frankreichs, der Vereinigten Staaten und des Vereinigten Königreichs hoffen und erwarten, daß die Besatzungsbehörden keinen Anlaß haben werden, auf anderen Gebieten als auf den ihnen oben ausdrücklich vorbehaltenen einzugreifen. Die Besatzungsbehörden behalten sich indessen das Recht vor, auf Weisung ihrer Regierungen die Ausübung der vollen Gewalt ganz oder teilweise wieder zu übernehmen, wenn sie dies als wesentlich ansehen für die Sicherheit oder die Aufrechterhaltung der demokratischen Regierung in Deutschland oder als Folge der internationalen Verpflichtungen ihrer Regierungen. Bevor sie entsprechende Schritte unternehmen, werden sie die zuständigen deutschen Behörden von ihrer Entscheidung und deren Gründen förmlich unterrichten.

4. Die deutsche Bundesregierung und die Länderregierungen haben die Befugnis, nach ordnungsmäßiger Unterrichtung der Besatzungsbehörden auf den Gebieten, die den Besatzungsbehörden vorbehalten sind, Gesetze zu erlassen und tätig zu werden, es sei denn, daß die Besatzungsbehörden ausdrücklich anders bestimmen, oder daß derartige Gesetze oder Maßnahmen mit den von den Besatzungsbehörden selbst getroffenen Entscheidungen oder Maßnahmen unvereinbar sind.

5. Jede Änderung des Grundgesetzes bedarf vor ihrem Inkrafttreten der ausdrücklichen Zustimmung der Besatzungsbehörden. Länderverfassungen, Änderungen dieser Verfassungen, jedes andere Gesetz und jede Vereinbarung, die zwischen dem Bund und auswärtigen Regierungen getroffen wird, treten 21 Tage nach ihrem amtlichen Eingang bei den Besatzungsbehörden in Kraft, sofern sie nicht von diesen vorher, einstweilig oder endgültig, abgelehnt worden sind. Die Besatzungsbehörden werden ein Gesetz nicht ablehnen, es sei denn, daß es nach ihrer Ansicht mit dem Grundgesetz, einer Länderverfassung, den Gesetzen oder sonstigen Anordnungen der Besatzungsbehörden selbst oder mit den Bestimmungen dieses Statuts unvereinbar ist oder daß es eine schwere Bedrohung der Grundziele der Besetzung darstellt.

6. Mit dem alleinigen Vorbehalt der Erfordernisse ihrer Sicherheit garantieren die Besatzungsbehörden, daß alle Besatzungsorgane die bürgerlichen Rechte jeder Person achten, auf Schutz vor willkürlicher Verhaftung, Durchsuchung oder Festnahme, auf Vertretung durch einen Anwalt, auf Freilassung gegen Kaution, sofern die Umstände dies rechtfertigen, auf Verkehr mit den Angehörigen und auf ein gerechtes und schnelles Verfahren.

7. Die Gesetze, welche die Besatzungsbehörden vor Inkrafttreten des Grundgesetzes erlassen haben, bleiben gültig, wenn sie nicht von den Besatzungsbehörden in Übereinstimmung mit den folgenden Vorschriften aufgehoben oder abgeändert werden:
a) Gesetze, die mit den vorstehenden Bestimmungen unvereinbar sind, werden aufgehoben oder so gehandhabt werden, daß sie mit ihnen vereinbar sind;
b) Gesetze, die auf den vorbehaltenen Befugnissen gemäß § 2 beruhen, werden kodifiziert werden;
c) nicht unter Absätze a) oder b) fallende Gesetze werden auf Verlangen der zuständigen deutschen Behörden von den Besatzungsbehörden aufgehoben werden.

8. Jede Maßnahme soll als Handlung der Besatzungsbehörden im Rahmen der hier vorbehaltenen Befugnisse angesehen und als solche auf Grund dieses Statuts wirksam werden, sofern sie in einer Weise ergriffen oder begründet wird, die in einer Vereinbarung zwischen den Besatzungsbehörden vorgesehen ist. Die Besatzungsbehörden können nach ihrem Ermessen ihre Entscheidungen entweder unmittelbar oder durch Weisungen an die zuständigen deutschen Behörden zur Ausführung bringen.

9. Nach 12 Monaten und in jedem Fall innerhalb von 18 Monaten nach Inkrafttreten dieses Statuts werden die Besatzungsmächte seine Bestimmungen überprüfen im Lichte der Erfahrungen, die bei seiner Anwendung gemacht wurden, und im Hinblick auf eine Erweiterung der Zuständigkeit der deutschen Stellen auf den Gebieten der Gesetzgebung, der Exekutive und der Rechtspflege.

Dem Parlamentarischen Rat in Bonn mit einer Note übermittelt am 10. April 1949.

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