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Haushaltsführung und Lebensweise der Familie eines besser gestellten Facharbeiters in Berlin (1890)

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Das Mittel der beiden Zahlen ist 2,58 Mark, stimmt also mit dem für den Tag festgesetzten Betrag; da es aber nicht täglich erreicht wird, so bleibt ein Überschuß, der für Beleuchtung und kleinere Pfennigausgaben verwendet wird. Auf Borg wird nicht das Geringste genommen, es ist das überhaupt eine Hauptbedingung, wenn ein kleiner Haushalt in Ordnung bleiben soll. Sind größere Ausgaben nötig, so wird jede Woche ein berechneter Teilbetrag beiseite gelegt, damit der Gegenstand bar bezahlt werden kann.

Der Mann nimmt am Morgen in einem Blechgefäß Kaffee mit, abends und mittags trinkt er 2 bis höchstens 3 Glas Bier, das Seidel zu 10 Pfennige (Schnaps trinkt er gar nicht), Werktags raucht er 2, Sonntags 3 Cigarren zu 3 Pfennige, in das Wirtshaus geht er vielleicht einmal in der Woche, aber ist dann spätestens um 10 ½ Uhr zu Hause.

Ich stelle nun im folgenden die Zahlen zusammen, die ich in Erfahrung bringen konnte.

 

 

Mark

Einnahme

 

1700,–

Ausgaben:

 

 

Wohnung

 

259,–

Haushalt

 

924,–

Steuern

 

30,–

Krankenkassen- und andere Beiträge

 

13,–

Heizung, im Mittel

 

45,–

Winterrock für Mann

 

30,–

Hut

 

2,50

Stiefel für Mann

 

16,–

Stiefel für Frau

 

11,–

Stiefel für Kinder

 

10,–

Kleideranschaffungen für Frau und Kinder

 

23,–

Arzt und Apotheke für Frau

 

20,–

Zeitung, mit einem andern zusammen 6 Mark, also

 

3,–

Verschiedenes (Flickereien, Wäsche, Vergnügungen)

 

64,–

Mann (Getränke, Tabak, Groschensammlungen u. s. w.)

 

162,–

 

Mk.

1612,50



Im Jahre 1889 hat die Ersparnis 82 Mark betragen. [ . . . ] Vergnügungen, die Geld kosten, sind sehr selten, Ausflüge nach dem Zoologischen Garten an „billigen Sonntagen“, wobei der „Freßkober“ mitgenommen wird, oder in die Hasenheide, dazu reicht es noch; alle heiligen Zeiten, d. h. in Jahren einmal, geht man in ein billiges Rauchtheater. Damit sind die äußern Vergnügungen erschöpft. Der Mann hilft sich: er entlehnt Bücher aus den Volksbüchereien und liest des Abends, wenn er nicht zu müde ist; die Frau begnügt sich mit dem Roman und den örtlichen Nachrichten im „Blatt“ oder redet mit den Nachbarinnen, sobald sie die Kinder zu Bett gebracht hat.



Quelle: Otto von Leixner, 1888 bis 1891. Soziale Briefe aus Berlin. Mit besonderer Berücksichtigung der sozialdemokratischen Strömungen. Berlin, 1891, S. 183-88.

Abgedruckt in Gerhard A. Ritter und Jürgen Kocka, Hg., Deutsche Sozialgeschichte 1870-1914. Dokumente und Skizzen, 3. Aufl. München: Beck, 1982, S. 276-78.

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