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Heimlich aufgezeichnete Unterhaltungen deutscher Kernphysiker auf Farm Hall (6./7. August 1945)

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WEIZSÄCKER: Ich gebe zu, daß ich nach dieser Sache eher bereit bin, nach Deutschland zurückzugehen, trotz des Vordringens der Russen.

WIRTZ: Meine schlimmsten Befürchtungen hinsichtlich der Komplikationen, die sich unsretwegen jetzt ergeben werden, sind Wirklichkeit geworden.

HEISENBERG: Ich glaube, wir sind jetzt weit mehr an die Angelsachsen gebunden als zuvor, da wir keine Möglichkeit haben, zu den Russen überzuwechseln, selbst wenn wir wollten.

WIRTZ: Die würden uns auch nicht lassen.

HEISENBERG: Andererseits können wir es mit gutem Gewissen tun, weil wir sehen können, daß Deutschland in nächster Zukunft unter angelsächsischem Einfluß stehen wird.

WIRTZ: Das ist eine opportunistische Einstellung.

HEISENBERG: Im Moment ist es aber sehr schwierig, anders zu denken, weil man nicht weiß, was besser ist.

WEIZSÄCKER: Wenn ich mich frage, für welche Seite ich lieber arbeiten würde, würde ich natürlich sagen: für keine von beiden.

11. Diebner und Bagge sprachen ebenfalls allein über die Situation:

BAGGE: Was, glauben Sie, wird jetzt mit uns geschehen?

DIEBNER: Die lassen uns nicht nach Deutschland zurückgehen. Sonst würden uns die Russen nehmen. Es ist doch ganz klar, wie die es geschafft haben, sie haben bloß ein anderes System als wir. Wenn ein Mann wie Gerlach früher dagewesen wäre, hätten sich die Dinge anders entwickelt.

BAGGE: Gerlach ist nicht verantwortlich, er übernahm die Sache zu spät. Andererseits ist es ganz klar, daß Heisenberg nicht der richtige Mann dafür war. Das Tragische daran ist, daß Korsching mit dem, was er zu Gerlach äußerte, recht hat. Ich meine, es ist absurd von Weizsäcker, zu sagen, wir hätten gar nicht gewollt, daß die Sache gelingt. Das mag für ihn zutreffen, aber nicht für uns alle. Auch Weizsäcker war nicht der richtige Mann, der es hätte schaffen können. Heisenberg konnte niemanden überzeugen, daß die ganze Sache von der Isotopentrennung abhing. Die ganze Isotopentrennung wurde als Nebensache betrachtet. Wenn ich an meine eigene Vorrichtung denke – sie entstand gegen Heisenbergs Wunsch.

DIEBNER: Jetzt werden sich die anderen an den Major heranzumachen versuchen und sich verkaufen. Natürlich können sie mit uns machen, was sie wollen, sie brauchen uns ja nicht mehr.

[ . . . ]

BAGGE: Man kann Speer nicht dafür verantwortlich machen, da keiner der Wissenschaftler hier die Sache durchgezogen hat. Es war unmöglich, da wir in Deutschland niemand hatten, der tatsächlich schon Uran getrennt hatte. Es gab in Deutschland keine Massenspektrographen.

DIEBNER: Sie haben alle versagt. Walcher und Herzog wollten einen bauen, aber es ist ihnen nicht gelungen.

12. Obwohl die Gäste gegen 1.30 Uhr zu Bett gingen, verbrachten die meisten von ihnen anscheinend eine recht unruhige Nacht, nach den tiefen Seufzern und den gelegentlichen Rufen zu urteilen, die im Laufe der Nacht zu hören waren. Auch war auf den Korridoren ein beträchtliches Kommen und Gehen zu vernehmen.

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