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Bericht des Hamburger Polizeipräsidenten über den Hamburger Feuersturm im Juli/August 1943

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In solchen Gebieten entstanden in kürzester Frist durch den konzentrischen Angriff des Feindes und dichteste Brandbombenabwürfe eine ungeheure Zahl von Bränden. Dabei ist besonders zu beachten, daß es nicht ausschließlich Dachstuhlbrände waren, sondern daß durch Phosphor- und Flüssigkeitsbrandbomben an vielen Stellen große Wohnhäuser vom untersten Geschoß her schlagartig in Flammen gesetzt wurden. Die Brände konnten sich mit rasender Geschwindigkeit entwickeln, da durch dichteste Spreng- und Minenbombenabwürfe Dächer abgedeckt, Wände eingedrückt, Fenster und Türen aus den Füllungen gerissen oder zertrümmert waren und damit das Feuer ungehindert reiche Nahrung fand. Das Zwischenstadium der Entstehungsbrände, deren Bekämpfung bei früheren Angriffen möglich war und zu den größten Erfolgen des Selbstschutzes in Hamburg geführt hatte, fiel aus diesen Gründen gänzlich aus. An vielen Stellen entstanden so in kürzester Frist Flächenbrände. In jedem einzelnen dieser Flächenbrandgebiete entstand auf Grund der geschilderten physikalischen Gesetze ein Feuersturm. Der Sog des Feuersturmes in den größeren oder den größten dieser Flächenbrandgebiete hatte die Wirkung, daß die bereits überhitzte Luft kleinerer Flächenbrandgebiete angesogen wurde. Die überlagernd heftigsten Feuersturmkerne zogen also das Feuer aus den kleineren Flächenbrandgebieten zu sich heran. Eine Auswirkung dieser Erscheinung war, daß das Feuer in den kleineren Flächenbrandgebieten gebläseartig angefacht wurde, da der zentrale Sog der größten und stärksten Flächenbrände die vermehrte und beschleunigte Heranziehung der umliegenden Frischluftmassen zur Folge hatte. Alle Flächenbrände wuchsen so zu einem einzigen großen Flächenbrand zusammen.

Um nun von der Gewalt dieses durch die Verschmelzung einer Unzahl kleinerer Feuerstürme entstandenen großen Feuersturmes eine Vorstellung zu bekommen, muß man sich vor Augen halten, daß z. B. das beim Großangriff in der Nacht zum 28. Juli betroffene Gebiet eine Größe von 5½ km Länge und 4 km Breite, also 22 qkm Ausdehnung hat.

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Die Geschwindigkeit, mit der Brände und Feuersturm entstanden, machte hier jegliche Pläne und jegliche Verteidigungsabsicht der Bevölkerung zunichte. Häuser, die in den vorhergehenden Angriffen durch tapferen Einsatz der Selbstschutz- und anderer Kräfte hatten gehalten werden können, wurden nun ein Raub der Flammen. Bevor die Notwendigkeit zur Flucht erkannt werden konnte, war vielfach jeder Weg zur Rettung abgeschnitten.

Nach dem Alarm erwarteten die Selbstschutzkräfte in ihren Schutzräumen, die Brandwachen in ES- und WLS-Betrieben auf den ihnen zugewiesenen Plätzen Beginn und Entwicklung des Angriffes. Reihenweise Spreng- und Minenbombeneinschläge erschütterten die Häuser bis in die Grundmauern. Bereits kurze Zeit nachdem die ersten Sprengbomben gefallen waren, war durch dichtesten Brandbombenabwurf – vermischt mit Sprengbomben – eine ungeheure Anzahl von Bränden entstanden. Die Menschen, die nun ihre Schutzräume verlassen wollten, um nach der Lage zu sehen oder das Feuer zu bekämpfen, wurden von einem Flammenmeer empfangen. Alles ringsherum brannte. Wasser fehlte, und bei der gewaltigen Anzahl von Bränden und ihrer Ausdehnung war jeder Löschversuch von Anfang an aussichtlos.

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