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Der aktuelle Stand der Entnazifizierung (31. Dezember 1950)

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Jeder Erwachsene in der amerikanischen Zone war verpflichtet, sich zu melden und bestimmte Einzelheiten über seine oder ihre vergangenen Tätigkeiten anzugeben. Auf der Grundlage der Informationen, die solchermaßen angegeben wurden und aus anderen Quellen zugänglich waren, wurde jeder Gemeldete in eine der folgenden Kategorien eingeordnet:

I. Hauptschuldige; II. Belastete; III. Minderbelastete; IV. Mitläufer; und V. Entlastete.

Die Klassifizierung beruhte auf der Position und dem Rang der Person in der Parteihierarchie, individueller Belastung, die durch Dokumente oder direkte Beschuldigungen bezeugt wurde und auf den Ergebnissen von Ermittlungen der Gerichtsbeamten. Fast dreizehneinhalb Millionen Personen wurden in der amerikanischen Zone registriert und von diesen wurden fast vier Millionen für „anklagefähig“ befunden, d.h. sie unterlagen der Klassifizierung in die Kategorien I bis IV.

Spruchkammern wurden in allen städtischen und ländlichen Kreisen eingerichtet. Berufungskammern wurden für die Überprüfung von Entscheidungen eingerichtet. Jedem Gericht wurden Staatsanwälte und Assistenten zugeteilt. Das Personal der Spruchkammern musste mit deren Ort vertraut und als aktive Gegner des Nationalsozialismus bekannt sein. Es war die Aufgabe des Gerichts, die vom Staatsanwalt erbrachten Beweise und die vom Angeklagten und seinem Anwalt vorgebrachte Verteidigung zu bewerten, für oder gegen den Angeklagten zu entscheiden und die vom Gesetz für jede der fünf Kategorien vorgeschriebenen Strafen festzusetzen. Einige Strafen waren nach dem Gesetz verbindlich, andere lagen im Ermessen des Gerichts.

Kurz nachdem das Gesetz zur Anwendung kam, wurde es offensichtlich, dass die Anzahl der anzuklagenden Personen (d.h. die vom Staatsanwalt als dem Gesetz unterliegend befundenen) so immens hoch sein würde, dass die deutschen Gerichte nicht in der Lage sei würden, alle diese Fälle innerhalb einer angemessenen Zeit zu verhandeln. Dadurch dass es sowohl alle Mitglieder der Nazi-Partei als auch ihrer Zweige anklagefähig macht, betrifft das Gesetz über 27 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in der amerikanischen Zone (3.669.239 Personen). Es wurde festgestellt, dass es unter ihnen eine große Zahl von Personen gab, die nicht aktiv daran beteiligt waren, die Nazi-Ideologie zu verbreiten. Als Konsequenz dessen kündigte der Militärgouverneur im August 1946 die Jugendamnestie an, die bestimmte, dass alle nach dem 1. Januar 1919 geborenen Personen nicht von einem Entnazifizierungsgericht angeklagt würden, solange sie nicht belastet und als Hauptschuldige oder Schuldige

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