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Prinz Kraft zu Hohenlohe-Ingelfingen: Betrachtungen über den Zustand der österreichischen Armee in 1854 (Rückblick)

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Die Kavallerie, diese berühmte Kavallerie, welche sich mit einem so großen Glanz zu umgeben verstanden hatte, fand ich zu meinem Erstaunen so mangelhaft, daß ich lange zögerte, ehe ich meine Ueberzeugung in meinen Berichten wiedergab, denn ich glaubte, ich müßte mich irren. Ich sah Hessen-Cassel-Husaren Nr. 8, Toscana-Dragoner Nr. 8 und Sicilien-Ulanen Nr. 12. Wenn man auch von dem letzteren Regiment ganz absieht, denn es war neu formirt und konnte sich mit dem schlechtesten Preußischen Landwehr-Kavallerie-Regiment nicht messen, so konnte man doch auch nicht viel Gutes an den anderen beiden Regimentern finden. Die Husaren waren als Ungarn geborene Reiter, deshalb verwandte man auf ihre Ausbildung nicht allzu viel Mühe; sie blieben deshalb Naturreiter. In der Masse war alle Kavallerie langsam, schwerfällig, unruhig, wenig ausdauernd, ohne geschlossene Attacken. Ich suchte und fand die Ursachen. Das Reglement war, obgleich vereinfacht, doch sehr schwerfällig, voll unnützer Kommandos, so daß, ehe ein Oesterreichisches Regiment sich geradeaus in Bewegung setzt, ihm ein Preußisches in die Flanke fallen kann. Die Pferde wurden zu schlecht gefüttert, weil zu viel Hafer unterschlagen ward. Ein kleinlicher Dienstbetrieb ließ die Truppe vor dem Dienst zu früh satteln und stundenlang halten und besichtigt werden, so daß Roß und Reiter vor dem Beginn des Exerzirens ganz ermüdet waren, und dann dauerte das Exerziren viele, viele Stunden. Man muß übrigens an die Unterschleife in der Oesterreichischen Armee nicht den Maßstab Preußischer Gesetze legen. Die Oesterreichische Armee befand sich damals betreffs ihrer inneren Verwaltung in einem Uebergangsstadium. Noch vor wenigen Jahren erhielt ein Rittmeister ein Pauschquantum, mit dem er Mann und Pferde bekleidete, die Pferde ernährte. Wie er das machte, war seine Sache gewesen, und was er dabei erübrigte, floß gesetzmäßig in seine Tasche, wobei ein Theil für die Wachtmeister abfiel. Das war zwar bestimmungsmäßig jetzt anders geworden, aber mancher tüchtige alte Wachtmeister u. s. w. konnte sich noch nicht darein finden und lebte noch nach der alten Vorschrift.

Die Artillerie, deren Schießübung ich beiwohnte, war noch ganz die alte Konstablerwaffe aus dem vorigen Jahrhundert, mit viel Wissenskram, Leitfaden für Geographie und Geschichte in der Protze, traf aber nicht viel. Eine Neuerung, auf die man stolz war, bestand in der Vereinigung der Bespannungen mit der Artillerie, denn bis vor zwei Jahren ließ man die Kanonen noch durch besonderen Train in die Schlacht ziehen. Die Artillerie-Equitationsschule unter Nadaszy war der Anfang dazu und besagter Direktor trieb mit dieser Lieblingsidee des Kaisers viel Unfug.

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