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Prinz Kraft zu Hohenlohe-Ingelfingen: Betrachtungen über den Zustand der österreichischen Armee in 1854 (Rückblick)

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Leider lernte ich den berühmten Schönhals nicht kennen. Er war in Ungnade gefallen und lebte zurückgezogen in Gratz, wo er bald starb.

Nun blieb mir noch der berühmte Löwe übrig, Feldmarschall-Lieutenant Baron Reischach, der so viele Wunder im Kriege vollbracht haben sollte. Als ich ihn später sah und an ihm nichts fand als einen Gewohnheitstrinker, der jeden Abend den puren Cognac aus vollen Bechern trank und auch von mir verlangte, daß ich mich mit ihm betrinken sollte, als ich die Erzählungen hörte über das, was er alles that, da schwand auch dieses Trugbild. Er war wenigstens tapfer, das gaben auch seine Feinde zu.

Auch von der Gesammtheit der Oesterreichischen Armee hatte ich mir ein anderes Bild gemacht, ehe ich sie mit eigenen Augen sah. Oesterreich hatte 1848 und 1849 viele Kriege geführt, und nach denselben war es, wenn auch mit Hülfe Rußlands, siegreich. Die Geschichte, welche über diese Kriege geschrieben ward, gab nur die Auffassungen des Siegers, und der Oesterreichische Generalstab verstand es, jedes Gefecht als einen großen Sieg darzustellen. Die Oesterreichische Armee hatte den Schimmer der ersten der Welt. Sie mußte aber 1849 neu formirt werden. Ganze Regimenter, besonders die Ungarischen, waren verschwunden, das gab viele Beförderungen. Dies und der Ruf zog viele Ausländer herbei, die auch leicht Aufnahme fanden, denn man brauchte viel Offiziere. Nun sind es nicht immer die besten Elemente welche im Auslande Kriegsdienste suchen. Einige wenige Phantasten ausgenommen, waren diese Ausländer oft recht zweifelhafte Naturen. Wer in Deutschland durch Schulden oder andere Streiche unmöglich geworden war, fand Aufnahme in der Oesterreichischen Armee. Auch viele Engländer fand ich dort. So kam es, daß manche Regimenter in ihrem Offizierkorps gar kein rein Oesterreichisches Gepräge hatten, sondern mehr weltbürgerlich, abenteuerlich waren. Der Ton innerhalb der Offizierkorps war dementsprechend, die Kameradschaft beschränkte sich darauf, daß man sich gegenseitig „Du" nannte, sonst fand kein Zusammenhalt statt, einen gemeinschaftlichen Tisch gab es nicht, und nach dem Dienst ging Jeder seine eigenen Wege.

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Ich fand die Infanterie auf einer sehr niederen Stufe der Ausbildung. Sie kam selbst bei Manövern nie über schlecht ausgeführte Schulbewegungen hinaus. Benutzung des Geländes kam nicht vor. Auf das Verhalten der Schützen ward kein Werth gelegt. Die Bewaffnung war noch weit zurück. Ein für die gesammte Infanterie einzuführendes gezogenes Gewehr ward noch im Arsenal probirt (System Lorenz).

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