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Hitlers Brief an Oberst Walther von Reichenau über Deutschlands außenpolitische Lage (4. Dezember 1932)

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2. Ich halte aus diesem Grunde die Sowjet-Diplomatie nicht nur für unzuverlässig, sondern überhaupt für nicht vergleichbar mit den außenpolitischen Führungen der anderen Nationen und damit für verhandlungs- und vertragsunfähig. "Verträge" können nur zwischen Kontrahenten auf gleicher weltanschaulicher Ebene abgeschlossen werden.

3. Sollten wir aber einmal – was Gott verhüten möge – im Ernstfall durch Sowjethilfe gerettet werden, dann würde dies erst recht die Aufpflanzung der roten Fahne in Deutschland bedeuten.

4. Sowie durch die militärische Erstarkung Rußlands der Wert des polnischen Bundesgenossen für Frankreich so vermindert wird, daß eine wirkliche Unterstützung französischer Absichten gegen Deutschland im Osten gefährdet erscheint, wird Frankreich entweder Rußland von Polen wegzuziehen versuchen, oder im Falle des Mißlingens einer solchen Aktion Polen endgültig fallen lassen, um Rußland dann an seine Stelle zu setzen.

5. Das politische Zusammengehen Deutschlands mit Rußland berührt die übrige Welt unsympathisch. Das wirtschaftliche Zusammengehen zerstört mit die Zukunft unserer deutschen Exportindustrie.

Ich habe daher aus diesen Erwägungen seit nunmehr rund zwölf Jahren unentwegt vorgeschlagen, eine engere Verbindung einerseits zu Italien und andererseits zu England als wünschenswertestes außenpolitisches Ziel anzustreben.

Ich glaube, daß mir unterdessen die Entwicklung schon jetzt Recht gibt.

Frankreich hat infolge der sichtbaren Entwertung des polnischen Bundesgenossen – und wie mir scheint mit Erfolg – versucht, Rußland im fernen Osten zu engagieren, um an der polnischen Grenze eine Entlastung herbeizuführen. Im nunmehr unterzeichneten Nichtangriffspakt zwischen Rußland und Polen kann man diese weitausgreifende Aktion Frankreichs als im wesentlichen glücklich beendet ansehen. Damit aber stehen wir mitten in einer neuen Einkreisungspolitik, wenn nicht schon vor ihrem Abschluß. Daß bei diesem großen Unternehmen die neuerstarkte Kapitalsmacht Frankreichs wesentlich mitwirkt, darf zumindest für Polen als erwiesen gelten. Ich halte sie für das kapitalsarme Rußland in der Zukunft ebenfalls für wahrscheinlich.

Ostpreußen geht damit in dem Augenblick verloren, in dem eine bestimmte innerpolitische Situation eine in der Welt Deutschland abgeneigte Atmosphäre für den polnischen Angriff schaffen würde. Die Ausrufung einer Monarchie zum Beispiel oder überhaupt eine heute vorgenommene Reaktivierung des Hauses Hohenzollern – gleich in welcher Form – kann diesen Schritt sofort herbeiführen.

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