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Kriminalrat Josef Meisinger über die „Bekämpfung der Homosexualität als politische Aufgabe” [Auszug] (5.-6. April 1937)

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Im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Homosexuellen darf ich hier auf eine gerade in der letzten Zeit häufig aufgetauchte Frage kurz eingehen, und das ist die Bekämpfung der lesbischen Liebe. Unseres Erachtens ist hier die Gefahr für den Bestand des Volkes absolut nicht so groß wie bei den Homosexuellen. Es liegen hier vollkommen andere Voraussetzungen vor. Erstens darf man nicht vergessen, daß wir in Deutschland von jeher mehr weibliche als männliche Personen hatten, zweitens, daß wir im Kriege 2 Millionen Männer verloren haben, und drittens, daß von den vorhandenen männlichen Personen wieder einige Millionen als Homosexuelle an und für sich ausscheiden. Die Tatsache, daß sich ein erheblicher Teil des weiblichen Geschlechts in einem gewissen sexuellen Notstand befindet, ist nicht zu leugnen. Der größte Teil der sich lesbisch betätigenden Mädchen ist aber – wenigstens nach unseren Erfahrungen, soweit überhaupt Ermittlungen in vertraulicher und taktvoller Weise angestellt werden konnten – alles andere als anormal veranlagt. Erhalten diese Mädchen Gelegenheit, der ihnen von der Natur bestimmten Aufgabe nachzukommen, so werden sie bestimmt nicht versagen. Es spielen bei der lesbischen Betätigung noch manche andere Faktoren mit, z. B. Mangel an männlichem Bekanntenkreis, strenge Erziehung und dergleichen. Um wirklich von einer lesbischen Betätigung sprechen zu können, ist von ausschlaggebender Bedeutung die Frage, worauf die Willensvorstellung bei der Ausübung der sexuellen Handlung gerichtet war. Es besteht Grund zu der Annahme, daß bei dem überwiegenden Teil die Vorstellung auf den normalen Verkehr gerichtet war. Beweis dafür sind die bei vielen Frauen gefundenen Onanierapparate und nicht zuletzt die immer wieder verwendete Kerze.

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Quelle: „Bekämpfung der Abtreibung und der Homosexualität als politische Aufgabe.“ Landeshauptarchiv Schwerin, 5.12-7/1 Ministerium für Unterricht, Kunst, geistliche und Medizinalangelegenheiten, Nr. 9674, fol. 34 u. fol. 35-37; abgedruckt in Günter Grau, Hg., Homosexualität in der NS-Zeit: Dokumente einer Diskriminierung und Verfolgung. 2. Bearb. Aufl., Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag, 2004, S. 151-53.

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