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Stenographische Niederschrift (Teilübertragung) der interministeriellen Konferenz im Reichsluftfahrtministerium (12. November 1938)

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Es taucht aber sofort ein zweites Moment auf: diese Versicherungsgesellschaften können im Ausland rückversichert sein. Falls eine solche Rückversicherung hier in Frage kommt, möchte ich wieder nicht darauf verzichten, weil sie Devisen bringt. Das muß also untersucht werden. Aus diesem Grunde habe ich auch Herrn Hilgard von den Versicherungen hierher bestellt, der uns am besten darüber Auskunft geben kann, wieweit die Versicherungsgesellschaften durch Rückversicherungen gegen solche Schäden gedeckt sind. Denn darauf möchte ich auf keinen Fall verzichten.

Darüber möchte ich keinen Zweifel lassen, meine Herren: die heutige Sitzung ist nicht dazu da, sich erneut darüber zu unterhalten, was getan werden sollte, sondern es fallen jetzt Entscheidungen und ich bitte die Ressorts inständig, nun aber Schlag auf Schlag die notwendigen Maßnahmen zur Arisierung der Wirtschaft zu treffen und mir vorzulegen, soweit das notwendig ist.

Bei der Arisierung der Wirtschaft ist der Grundgedanke folgender: Der Jude wird aus der Wirtschaft ausgeschieden und tritt seine Wirtschaftsgüter an den Staat ab. Er wird dafür entschädigt. Die Entschädigung wird im Schuldbuch vermerkt und wird ihm zu einem bestimmten Prozentsatz verzinst. Davon hat er zu leben.

Es ist selbstverständlich, daß wir diese Arisierung, wenn sie schnell erfolgen soll, nicht etwa zentral allein im Wirtschaftsministerium in Berlin machen können. Dann würde man damit nicht fertig. Auf der anderen Seite ist es aber unbedingt notwendig, ganz bestimmte Sicherheitskautelen einzuschalten, damit in der nächsten Instanz, bei den Statthaltern und Gauleitern, die Dinge nun nicht unverständig gemacht werden. Es müssen hier also sofort genaue Richtlinien herausgebracht werden. Darüber hinaus ist selbstverständlich die Arisierung aller größeren Unternehmungen — vom Wirtschaftsministerium ist noch festzusetzen, welche und wieviele Unternehmungen das sind — mir vorzubehalten; sie darf nicht durch einen Statthalter oder durch untere Instanzen erfolgen, weil diese Dinge in den Außenhandel hinübergreifen und draußen oft große Probleme anrühren, die der Statthalter von seinem Ort aus unmöglich überblicken und lösen kann. Die muß ich mir vorbehalten, damit hier nicht ein größerer Schaden entsteht als der Nutzen, der erreicht werden soll.

Das Sichtbarste, meine Herren, für das Volk sind die jüdischen Kaufläden und nicht etwa die Beteiligungen. Deshalb muß hier begonnen werden, und zwar nach folgenden Thesen, die wir bereits festgelegt haben.

Zunächst gibt der Wirtschaftsminister bekannt, welche Geschäfte er überhaupt stillegen will, weil sie übersetzt sind. Diese Geschäfte scheiden bei der Arisierung von vornherein aus. Die vorhandenen Waren sind für andere Geschäfte zum Verkauf freizustellen. Soweit sie nicht abgesetzt werden können, wird sich irgendein Weg finden, sie in die Winterhilfe hineinzuführen oder sonstwie zu verwerten. Es muß natürlich immer die kaufmännische Verwertung angestrebt werden; denn bei dieser ganzen Umwandlung soll der Staat nicht leiden, sondern soll einen Vorteil davon haben. Zweitens sind für die Kaufläden und Kaufhäuser — ich spreche jetzt nur von dem, was sichtbar zutage tritt — Kategorien aufzustellen entsprechend der Wichtigkeit der einzelnen Branchen.

Der Treuhänder des Staates schätzt das Geschäft ab und bestimmt welchen Betrag der Jude bekommt. Dieser Betrag ist selbstverständlich an sich schon möglichst niedrig zu halten. Das Geschäft wird dann von der Treuhand in arischen Besitz überführt, und hierbei ist der Aufschlag zu erzielen d.h. das Geschäft ist entsprechend seinem normalen tatsächlichen Verkehrswert und Bilanzwert an den Mann zu bringen.

Hier setzen Schwierigkeiten ein. Es ist menschlich verständlich, daß in starkem Maße versucht wird, in diese Geschäfte Parteigenossen hineinzubringen und ihnen so gewisse Entschädigungen zu geben. Ich habe da entsetzliche Dinge in der Vergangenheit gesehen: daß sich kleine Chauffeure von Gauleitern derart bereichert haben, daß sie auf diese Weise schließlich eine halbe Million Vermögen an sich gebracht haben. Die Herren wissen Bescheid? Das stimmt doch?

(Zustimmung.)

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