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Der Chef der preußischen politischen Polizei, Rudolf Diels, über den Reichstagsbrand am 27. Februar 1933 (Rückblick, 1949)

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Ich berichtete von dem Ergebnis der ersten Vernehmungen des Marinus van der Lubbe, — dass es sich meiner Meinung nach um einen Verrückten handelte. Doch da kam ich bei Hitler an den Richtigen; er höhnte über meinen Kinderglauben: «Das ist eine ganz raffinierte, von lange her vorbereitete Sache. Das haben sich diese Verbrecher sehr schön ausgedacht; aber nicht wahr, meine Parteigenossen, sie haben sich verrechnet! Diese Untermenschen ahnen ja gar nicht, wie das Volk auf unserer Seite steht. In ihren Mauselöchern, aus denen sie jetzt herauskommen wollen, hören sie ja nichts von dem Jauchzen der Massen», so ging es weiter.

Ich bat Göring auf die Seite; doch er ließ mich nicht zu Wort kommen. Höchster Alarmzustand der Polizei, rücksichtsloser Gebrauch der Schusswaffe, und was es der großen soldatischen Alarmbefehle in einem solchen Fall noch geben mochte. Ich rekapitulierte, dass in seinem Namen ein Polizeifunkspruch an alle Polizeibehörden hinausgehen werde, der den Alarmzustand der Polizei und die Verhaftung derjenigen kommunistischen Funktionäre anordne, die für eine Festnahme im Falle eines Parteiverbotes schon seit längerer Zeit vorgesehen seien. Göring hörte nicht zu. «Es darf uns kein kommunistischer und kein sozialdemokratischer Landesverräter entrinnen», waren seine letzten Worte. Als ich wieder vor Schneider stand, versuchte ich meine Gedanken zu ordnen:

«Das ist ein Narrenhaus, Schneider, aber im übrigen ist es soweit; alle kommunistischen und sozialdemokratischen Funktionäre sollen festgesetzt werden, große Razzien, Alarmzustand und alles, was dazu gehört!»

Schneider vergaß die Sozialdemokraten, als er Görings Befehl als Polizeifunkspruch weitergab. Als ich nach Mitternacht in den «Alex» zurückkehrte, schwärmte es dort wie in einem Bienenhaus. Die alarmierten Einsatzbereitschaften der Schutzpolizei standen im Stahlhelm und mit umgehängten Karabinern in langen Reihen in den großen Durchfahrten des Erdgeschosses. Während Einsatzwagen anrollten und truppweise Kriminalisten, mit seit Jahr und Tag fertigen Registern in der Hand, sich mit uniformierten Beamten auf die Rampen schwangen, rollten schon die ersten Wagen mit den aus dem Schlaf geholten erstaunten Arrestanten vor dem Eingang des Hauses wieder an. [ . . . ]



Quelle: Rudolf Diels, Lucifer ante portas: ... es spricht der erste Chef der Gestapo. Zürich, 1949, S. 142-44.

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