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Beschreibung des Generalmajors Walter Bruns der Massenerschießungen von Juden vor Riga am 1. Dezember 1941 aus einer heimlich aufgezeichneten Unterhaltung (25. April 1945)

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BRUNS: Ich will Ihnen etwas sagen: es mag das eine oder andere gestimmt haben, es ist aber auffallend, dass das Exekutionskommando, was an dem Morgen da erschoss, also an jeder Grube sechs Maschinenpistolenschützen - die Gruben waren 24 m lang und ungefähr 3 m breit, mussten sich hinlegen wie die Sardinen in einer Büchse, Köpfe nach der Mitte. Oben sechs Maschinenpistolenschützen, die dann den Genickschuss beibrachten. Wie ich kam, war sie schon so voll, da mussten die Lebenden also dann sich drauflegen und dann kriegten sie den Schuss; damit nicht so viel Platz verloren ging, mussten sie sich schön schichten. Vorher wurden sie aber ausgeplündert an der einen Station - hier war der Waldrand, hier drin waren die drei Gruben an dem Sonntag und hier war noch eine 1½ km lange Schlange und die rückte schrittchenweise - eswar ein Anstehen auf den Tod. Wenn sie hier nun näher kamen, dann sahen sie, was drin vor sich ging. Ungefähr hier unten mussten sie ihre Schmucksachen und ihre Koffer abgeben. Das Gute kam in den Koffer und das andere auf einen Haufen. Das war zur Bekleidung von unserem notleidenden Volk - und dann, ein Stückchen weiter, mussten sie sich ausziehen und 500 m vor dem Wald vollkommen ausziehen, durften nur Hemd oder Schlüpfer anbehalten. Das waren alles nur Frauen und kleine Kinder, so 2-jährige. Dann diese zynischen Bemerkungen! Wenn ich noch gesehen hätte, dass diese Maschinenpistolenschützen, die wegen Überanstrengung alle Stunden abgelöst wurden, es widerwillig gemacht hätten! Nein, dreckige Bemerkungen: "Da kommt ja so eine jüdische Schönheit". Das sehe ich noch vor meinem geistigen Auge. Ein hübsches Frauenzimmer in so einem feuerroten Hemd. Und von wegen Rassenreinheit: in RIGA haben sie sie zuerst rumgevögelt und dann totgeschossen, dass sie nicht mehr reden konnten. Dann habe ich zwei Offiziere rausgeschickt, von denen einer jetzt noch lebt, weil ich Zeugen haben wollte. Ich habe ihnen nicht gesagt, was los ist; "Gehen Sie zum Wald von SKIOTAWA(?) raus, gucken Sie sich an, was da los ist, und machen sie einen Bericht darüber." Dann habe ich zu dem Bericht noch ein Amtsschreiben dazugemacht, und habe ihn persönlich zu JAKOBS hingebracht. Der sagte: "Hier liegen schon zwei Beschwerden von Pionierbataillonen aus der UKRAINE vor." Da hatten sie sie am Rande von den grossen Erdspalten totgeschossen und reinfallen lassen und dann hat es beinahe Pest gegeben, also jedenfalls pestilenzartige Düfte. Sie hatten sich eingebildet, sie könnten mit der Kreishacke die Ränder dann abpickeln und dann würden die begraben sein. Dieser Löss war so hart, dass zwei Pionierbataillone nachher die Ränder absprengen mussten, da hatten sich die Bataillone darüber beschwert. Das lag auch bei JAKOBS. Er sagte: "Wir wussten nicht recht, wie wir es dem FÜHRER zu Gehör bringen sollten. Machen wir auf dem Wege über CANARIS." Der hatte diese scheussliche Aufgabe, immer so die günstige Minute abzupassen und dem FÜHRER so leise Andeutungen zu machen. Vierzehn Tage später war ich mit einer anderen Angelegenheit bei dem Oberbürgermeister oder wie damals die besondere Funktionsbezeichnung war, da zeigte mir der ALTENMEYER(?) triumphierend: "Hier ist eine Verfügung gekommen, dass derartige Massenerschiessungen in Zukunft nicht mehr stattfinden dürften. Das soll vorsichtiger gemacht werden." Ich weiss aber jetzt aus meinen letzten Warnungen, dass ich seit der Zeit noch verschärft bespitzelt wurde.

? [unbekannt]: Allerhand, dass Sie überhaupt noch leben.

BRUNS : Ich habe in GÖTTINGEN jeden Tag auf meine Verhaftung gewartet.



Quelle: Beschreibung des Generalmajors Bruns der Massenerschießungen von Juden vor Riga am 1. Dezember 1941 aus einer heimlich aufgezeichneten Unterhaltung (25. April 1945). National Archives (UK), WO 208/4169, Report SRGG 1158.

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