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Bericht von George Messersmith an das State Department [US-Außenministerium] zum gegenwärtigen Stand der antisemitischen Bewegung in Deutschland (21. September 1933)

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Dr. Rosenberg, der Leiter des Außenpolitischen Amtes der NSDAP, der seit seinem Londonbesuch vor mehreren Wochen erheblich in den Hintergrund getreten war, tauchte am 24. August mit einem Kommentar zum Zionistenkongress in Prag wieder prominent in der Presse auf. Dem „Völkischen Beobachter“ zufolge drückte sich Rosenberg wie folgt aus:

„Denn die Tatsache, dass Deutschland als erste große Nation sich in letzter Stunde besonnen hat auf seinen eigenen Ursprung und auf sein Recht auf Eigenart in der Formung seines politischen Daseins, hat trotz aller heftigen Gegnerschaft seinen tiefen Eindruck in der Welt nicht verfehlt. [ . . . ] Der Nationalsozialismus hat dieses Thema nicht vom Zaun gebrochen, sondern es ist ihm als eine Schicksalsaufgabe übertragen worden und trotz allem, was in diesen 14 Jahren dem deutschen Volks seitens der Judenschaft angetan worden ist, hat sich die große Bewegung einer Volksrache enthalten und in gesetzlicher Weise unter Berücksichtigung der Teilnahme der Juden am Kriege und ihrer Verluste nach Möglichkeit die Schärfe vermieden. [ . . . ]“

In demselben Artikel betont Dr. Rosenberg, dass „im Hintergrund der Maßnahmen, möglichst die ganze Judenschaft Deutschlands außerhalb der deutschen Grenzen unterzubringen“, der Plan stehe, „durch diese Herauslösung der stärksten und gesündesten Teile der deutschen Judenschaft diese beim Beginn des großen Weltboykotts dem Zugriff der deutschen Regierung zu entziehen“. Die künftige Haltung Deutschlands dem ganzen Problem gegenüber hinge, sagte er, von den Ergebnissen des Prager Kongresses und von den Taten der Führer der Judenschaft in aller Welt ab. Er droht in anderen Worten, dass das Vorgehen der internationalen Führung des Judentums, sollte es der deutschen Regierung nicht passen, die Lage der Juden in Deutschland verschlimmern würde.

In der Ausgabe vom 26. August von „Der Deutsche“, dem persönlichen Organ von Dr. Ley, dem Führer der Deutschen Arbeitsfront, kommentiert die Zeitung, dass es eine glückliche Lösung wäre, wenn alle Juden in Deutschland das Land verlassen könnten, wie der Zionistenkongress plane, und dass Deutschland den auswanderungswilligen Juden keine Hindernisse in den Weg legen würde, da man auf diese Weise Platz für heute arbeitslose Deutsche erhielte. Doch der Artikel bemerkt auch, dass die Frage noch zu klären sei, „was die Auswanderer aus Deutschland mitnehmen dürfen“.

Während des Nürnberger Parteitags hielten sowohl der Kanzler als auch Dr. Goebbels richtungweisende Reden zur Judenfrage. Da das State Department vermutlich Kopien dieser Reden mit entsprechenden Kommentaren vorliegen hat, erübrigt sich jede weitere Bemerkung, abgesehen von der Feststellung, wie deutlich diese Reden zeigen, dass der Kanzler und Dr. Goebbels in der Judenfrage dieselbe Unerbittlichkeit an den Tag legen wie zu Beginn der Bewegung und der Frage eine so große Bedeutung zumessen, dass die Hauptreden auf der bedeutendsten je abgehaltenen Parteiversammlung der Rassefrage galten.

Es ist jedoch interessant, folgende Zeilen aus dem Ende der Goebbels-Rede beim Nürnberger Parteitag zu zitieren:

„Lassen Sie mich zum Schluss noch ein paar Worte über die Maßnahmen sagen, die wir gegen die Gefahren der gegen uns gerichteten Weltpropaganda ergriffen haben und weiterhin ergreifen werden. Es ist ganz klar, dass ein so groß geplanter Feldzug gegen Deutschlands Frieden und Sicherheit von uns nicht unbeantwortet bleiben kann. Eine Weltpropaganda gegen uns wird beantwortet mit einer Weltpropaganda für uns. Was Propaganda ist, welche Macht sie darstellt, mit welchen Mitteln und Methoden sie bestritten wird, das wissen wir; wir haben sie nicht am grünen Tisch gelernt, wir sind ihre Meister geworden in ihrer praktischen Handhabung für die Arbeit des Tages“.

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