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Himmlers Geheimrede vor höheren Funktionären des Reichssicherheitshauptamtes (30. Januar 1943)

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Dann haben wir die Tätigkeit begonnen. Es war sehr eigenartig. Ich hatte damals in meinem Stab einen Sturmbannführer, Major a. D., H. Kaum war Heydrich da, 6 oder 8 Tage später, erschien in der „Münchener Post", dem sozialdemokratischen Blatt, die Nachricht, dass ein Nachrichtenoffizier da wäre. Heydrich war sehr misstrauisch und sagte damals mit seinem Riecher, den er immer hatte: „Das ist der H." Das liess ich nicht zu. Ich sagte: „Sie können doch nicht damit anfangen, dass Sie einen Mitarbeiter von mir angreifen." Heydrich hatte seinen Vornamen mit einem dt geschrieben, er (H.) schrieb Reinhard nur mit d.* Wie sich später im Jahre 1933 herausstellte, war H. tatsächlich im Dienste der Münchener Polizei, ich glaube, für 100 RM monatlich. Er hat sich dann in seiner Zelle erhängt.

Nun haben wir jahrelang miteinander gearbeitet. Aus kleinsten, kleinsten Verhältnissen wuchs der Sicherheitsdienst empor. Wie sehr er gross gehungert worden ist, wieviel Opfer auf diesem Wege gewesen sind, ahnt heute kaum mehr jemand. Kaum einer von den Jungen, die später hinzugekommen sind, ahnt etwas davon. Deswegen müsst ihr es denen sagen, die heute Regierungsrat und Kriminaldirektor sind. Wir haben die schwierigen Jahre 1931 und 1932 durchgemacht. Wer weiss heute noch – das hat Dr. Goebbels heute sehr richtig gesagt –, wie elend wir im Jahre 1932 dran waren! Die Partei verlor nach der Augustwahl eine Menge ihrer Anhängerschaft. Die Pfaffen, das Zentrum und die Reaktion versuchten, uns durch Wahlen kaputt zu machen. Wir kamen nicht in die Regierung, in der Papen Kanzler war. Der Treibsand und der Flugsand, den wir angesammelt hatten, schwamm wieder weg. Gewachsen ist in diesem Zeitpunkt allein die Schutzstaffel. Es blieben die Unterstützungen, die freiwilligen Spenden und sehr viele Beiträge von der Partei aus. Es wurde weniger und weniger. Durchgehalten haben wir die Schutzstaffel – das kann ich heute ruhig sagen – in der Zentrale genauso wie draussen in den einzelnen Standarten (den heutigen Oberabschnitten) Weichsel, Sepp Dietrich, Daluege dadurch, dass wir von unseren Reichstagsdiäten von 550 RM, von denen wir lebten, 350 RM hereingaben. Weihnachten 1932 war es so schlimm, dass den Männern, den damaligen Angestellten des Sicherheitsdienstes nur ratenweise eine Mark, zwei Mark, drei Mark gegeben werden konnten. Von Frau Heydrich, die mutig und tapfer mitgedarbt und mitgefochten hat, wurde gemeinsam eine dicke Suppe gekocht, so dass die Männer einmal am Tage etwas Essen bekamen. Wir hatten Weihnachten 1932 noch soviel Gelder, dass wir die Männer heimfahren lassen konnten. Das Geld, um sie rückfahren lassen zu können oder gar ihnen Gehalt für Dezember oder Januar zu zahlen, hatten wir nicht.

Mit dieser kleinen Mannschaft gingen wir in den Januar 1933. Es wurde damals schon besser. Es kam der Lippesche Wahlkampf, und wir bekamen Auftrieb. Dann gingen wir an die Machtergreifung. Nun waren wir damals an München gebunden, für uns war München massgebend. In München kamen wir erst am 12. März dazu – ich habe mich nie darüber aufgehalten und mir nie darüber einen persönlichen Gedanken gemacht –, ich wurde Polizeipräsident von München und übernahm das Polizeipräsidium, Heydrich bekam die Politische Abteilung in München, die Abteilung 6 a. So fingen wir an. Wir erwarben uns bei diesem Anfangen einige unendlich brave und tüchtige Mitarbeiter, voran Sie, lieber (SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Polizei) Müller, und Ihren toten Kameraden Flesch, der neulich nach langem Leiden gestorben ist. Aus der Politischen Abteilung des Polizeipräsidiums machten wir eine Bayrische Politische Polizei. Die politischen Polizeien wuchsen in den Ländern wie die Pilze nach dem Regen. Ich wurde ein juristisches Unikum – mit der Untersuchung dieser Frage kann sich jemand später einmal eine Doktorkrone verdienen –, indem ich in einer Person alle deutschen Staatsangehörigkeiten, die es damals nur gab, vereinte. Ich war Bayer, Badenser, Württemberger usw., ich war dort überall zu Hause. Die Staatsangehörigkeiten erwarb ich, indem ich politischer Polizeikommandeur von Hessen, Bremen, Lübeck, Lippe – den beiden Lippe –, Anhalt usw. und dort Staatsbeamter wurde. Wir schufen in München eine Zentralstelle: der Politische Polizeikommandeur der Länder. Damit wuchs eine Art Sicherheitspolizei.


* Heydrich, getauft auf den Namen Reinhardt Eugen Tristan, legte später, nachdem er SS-Offizier geworden war, das „t“ am Ende seines ersten Vornamens ab un nannte sich von da an „Reinhard“. – Hg.

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