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Clemens Fürst von Metternich an Friedrich Gentz in Perugia (17. Juni 1819); Metternichs Antwort auf einen Brief von Gentz (3. Juni 1819)

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Das größte und demnach das dringendste Uebel ist heute die Presse. Die bezüglichen Maßregeln, die ich dem Carlsbader Congresse vorzuschlagen gedenke, theile ich Ihnen um so lieber mit, als ich wünsche, daß Sie mir Ihre Meinung über meine Grundideen ohne Hehl sagen und sich in den Stand setzen, mir in Carlsbad, woselbst das Geschäft ohne Verzug beginnen muß, um in wenigen Augenblicken durchgeführt zu werden, thätig zur Hand zu gehen.

Meine Vorschläge sind kurz die folgenden:

Die sämmtlichen deutschen Höfe vereinigen sich über Maßregeln, welche ihnen zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe und in dem reinen Sinne der wechselseitigen Unterstützung, welcher die Grundlage des Deutschen Bundes ist, nöthig scheinen.

Sie gehen hierbei von dem Grundbegriffe des Bundeswesens aus, daß nämlich Deutschland aus souverainen Staaten besteht, welche sich wechselseitig zu Schutz und Hilfe verstanden haben und, indem sie in administrativer Hinsicht unter sich getrennt stehen, gegen das Ausland als eine Gesammtmacht erscheinen.

Die innere Ruhe des Bundes kann durch materielle Eingriffe des einen deutschen Staates in die souverainen Rechte des anderen gefährdet und selbst gestört werden. Sie kann es aber auch durch die moralische Einwirkung der Regierung auf andere, oder durch die Umtriebe irgend einer Partei werden. Wird diese Partei durch einen deutschen Staat unterstützt – oder findet sie nur Schutz bei einem derselben – findet sie unter diesem Schutze die Mittel, ihre Hebel gegen Nachbarstaaten in dem Nachbarstaate aufzulehnen, so ist die innere Ruhe des Bundes bedroht und der Fürst, welcher den Unfug in seinem Lande gestattet, macht sich der Felonie gegen den Bund schuldig.

Die sämmtlichen deutschen Regierungen haben die Ueberzeugung geschöpft, daß die Presse heute einer, alle bestehenden Regierungen untergrabenden Partei dient. Die über ganz Deutschland verbreitete Nationalität macht, daß es nicht in der Gewalt der einzelnen Staaten steht, ihre Grenzen vor dem Uebel zu bewahren; wenn diese Wahrheit für einzelne Regierungen besteht, so besteht sie nicht minder für alle deutschen Regierungen, insofern ein Einziger deutscher Staat – er sei selbst der kleinste unter ihnen – sich von der Ergreifung gemeinsamer Maßregeln zur Erhaltung der allgemeinen Ruhe ausschließen wollte.

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