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„Scheidungspapier”: Das Ende der sozialliberalen Koalition (9. September 1982)

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Eine Hauptursache für die seit Jahren anhaltende Labilität der deutschen Wirtschaft liegt zweifellos in der weitverbreiteten und eher noch wachsenden Skepsis im eigenen Lande. Die seit über zwei Jahren andauernde Stagnation, die immer neu hervortretenden Strukturprobleme, die wachsende Arbeitslosigkeit, die große Zahl von Insolvenzen, das Bewußtwerden internationaler Zinsabhängigkeit sowie nicht zuletzt die Auseinandersetzungen und die Unklarheit über den weiteren Kurs der Wirtschafts-, Finanz- und Gesellschaftspolitik haben in weiten Bereichen der deutschen Wirtschaft zu Resignation und Zukunftspessimismus geführt. Dieser offenkundige Mangel an wirtschaftlicher und politischer Zuversicht dürfte auch ein wesentlicher Grund dafür sein, daß die kräftige Expansion der Auslandsnachfrage im vergangenen Jahr – entgegen aller bisherigen Erfahrung – nicht zu einer Aufwärtsentwicklung der Binnenwirtschaft geführt hat.

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Das erforderliche Gesamtprogramm für eine Politik zur Überwindung der Wachstumsschwäche und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sollte insbesondere folgende Aktionsbereiche (die in einem inneren sachlogischen Zusammenhang zueinander stehen) umfassen:


A. Wachstums- und beschäftigungsorientierte Haushaltspolitik

Leitlinien:

– Festhalten und Absichern des bisher vorgesehenen mittelfristigen Ausgaberahmens für den Bundeshaushalt

1983
1984
1985
250,5 Mrd DM
258,0 Mrd DM
266,0 Mrd DM
(+ 2%)
-3%
-3%

– Mehrtätige Verstärkung der wachstums- und beschäftigungsfördernden Ausgaben (möglichst ohne Folgekosten) bei gleichzeitiger weiterer Kürzung der konsumtiven Ausgaben (Umstrukturierung)
– Ausgleich von unvorhergesehenen, unvermeidlichen Mehrausgaben durch Einsparung an anderen Stellen des Haushalts
– Ausgleich von Mindereinnahmen, die sich trotz vorsichtiger Steuerschätzung aufgrund der ungewöhnlich langen Fortdauer der Konjunkturschwäche ergeben, teilweise auch durch vorübergehend höhere Nettokreditaufnahme
– Anerkennung der politischen Führungsaufgabe des Bundes gegenüber Ländern und Gemeinden bei der Konsolidierung und Umstrukturierung, jedoch keine neue Mischfinanzierung.

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