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Krise in der SPD (5. Oktober 1981)

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Schmidt merkt, daß er nicht mehr mitreißt, daß sich seine Regierungskunst derzeit im Verwalten erschöpft.

Reichlich spät erkennt er, daß es ein Fehler war, seinen Regierungskurs nicht in der Partei abzusichern, und daß es falsch war, sich nie intensiv um das Programm der Partei gekümmert zu haben. Jetzt sieht Schmidt die Gefahr, daß seine Kritiker in der SPD das Fundament der Regierung ins Wanken bringen. „Der Kanzler fühlt“, so einer seiner Berater, „daß ihm der Teppich unter den Füßen weggezogen wird.“

Die Schuldigen sieht Schmidt nicht primär in den erklärten Gegnern seiner Politik wie Eppler, Lafontaine und Jansen. Daß die Kritiker überhaupt zu einer ernsthaften Bedrohung werden konnten, glaubt er, sei Willy Brandt zu verdanken – der nur nach außen loyal zur Regierung stehe, in Wirklichkeit aber durch mehrdeutige Äußerungen die Stimmung gegen Koalition und Kanzler schüre.

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Doch diesmal war Brandt, der sich am Vortag noch von der Heftigkeit der Attacken hatte überrumpeln lassen, auf der Hut. In den sechziger Jahren, verteidigte er cool seinen Integrationskurs, habe er sehr spät erst begriffen, daß die Revolte der Jugendlichen nur ein Symptom für die Veränderungen in der Gesellschaft gewesen sei.

Es sei richtig gewesen, die SPD für die Protestgeneration zu öffnen: „Die Partei ist dadurch nicht langweiliger und nicht schwächer geworden.“ Wenn die Sozialdemokraten, um ihre Stammwähler in der Arbeiterschaft nicht zu verunsichern, die Jugendlichen aufgäben, habe die SPD keine Zukunft.

Dann machte Brandt klar, daß er bereit sei, sich dem Kampf mit Schmidt zu stellen: „Ich will euch ehrlich sagen, ändern werdet ihr mich nicht. Zu ändern ist das nur, wenn ihr den Zeitpunkt für gekommen erachtet, zu entscheiden, wer Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei sein soll.“

Schmidt seinerseits versucht, die Macht jener Funktionäre und Parteifürsten zu brechen, die er für die Misere der SPD verantwortlich macht. Helfen soll ihm dabei AfA-Chef Rohde.

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Quelle: „Die SPD ist doch nicht euer Eigentum,“ Der Spiegel, 5. Oktober 1981, S. 17-21.

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