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Warnungen in den Medien vor „Waldsterben und saurem Regen” (1983)

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Gut möglich. Denn zum einen waren die Daten im Sommer, so Diethard Altrogge von der Höheren Forstbehörde in Münster, „unter Zeitdruck nur zusammengestoppelt“ und überdies von Bediensteten erhoben worden, die für eine Erkennung „schleichender Frühschäden“ (Hessens Regierung) nicht hinreichend geschult waren; nach einer Aufzeichnung des Ertl-Ministeriums wurde der Schaden bereits damals intern als „wahrscheinlich wesentlich höher“ eingeschätzt. Zum anderen markieren die offiziellen Bonner Zahlen schon wegen des Tempos der Schadensausweitung nur „die Spitze des Eisbergs“ (Altrogge).

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Während der Tannen-Tod nur in Bayern und Baden-Württemberg grassieren kann, weil diese Baumart in anderen Bundesländern kaum vorkommt, kränkeln die Fichte sowie neuerdings selbst die als robust eingeschätzte Buche und die Eiche in Nord- wie in Süddeutschland, und auch Ahorn, Vogelbeere und Linde, Heidelbeer-, Himbeer- und Brombeersträucher gehen vielerorts ein.

Die Katastrophe läßt sich nicht länger verharmlosen. Nach „anhaltenden Versuchen des Leugnens, Abwiegelns, Herunterspielens“, so heißt es in einer soeben erschienenen kritischen Bestandsaufnahme, reagierten die Politiker wie stets in solchen Fällen:

Phase I: Das Problem wird als nicht existent behandelt.
Phase II: Das Problem wird abgewiegelt nach dem Motto: So schlimm ist es auch wieder nicht.
Phase III: Man rechtfertigt sich selbst mit dem Hinweis, andere verhielten sich ebenso.
Phase IV: Es werden zusätzliche Sündenböcke im eigenen Land präsentiert; am Waldsterben sind dann die Kernkraftgegner mit- oder hauptschuldig.
Phase V: Das Thema wird – in der Sprache des Verbalimperialismus – „besetzt“; außerdem wird erklärt, es habe schon immer hohe Priorität gehabt. Es werden Maßnahmen ergriffen, die hinter dem zurückbleiben, was notwendig und möglich ist.

Mittlerweile haben die Umweltverantwortlichen von Phase II je nach Bundesland auf III, IV oder V umgeschaltet.

Bayerns Landwirtschaftsminister Hans Eisenmann, der noch 1981 kritischen Forstkundlern unterstellt hatte, sie verbreiteten Panik, um Staatsgelder für Forschungsaufträge zu bekommen, erklärte vorletzte Woche bei einem Hearing, daß im Freistaat nun Fichten „in einem bisher nicht vorstellbaren Ausmaß“ geschädigt seien. Eisenmann: „Damit haben die Krankheitserscheinungen auf den größten Teil des Landes übergegriffen.“

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