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Jungsozialisten kritisieren die Konzeptlosigkeit der SPD im Umgang mit der Umweltbewegung (1979)

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Das Mittel dazu liegt auf der Hand: Die Kernenergiegegner in der SPD werden auf dem Berliner Parteitag sich nicht durchsetzen. Gegen einen glaubwürdigen Alternativantrag zum Antrag des Parteivorstandes, dem die Jungsozialisten zustimmen können, werden etwa 60 bis 65 Prozent der Delegierten auf dem Berliner Parteitag stehen; nicht unbedingt weil sie den Leitantrag des Parteivorstandes in der Sache tragen, sondern vor allem weil sie dem sozialdemokratischen Bundeskanzler in einer zentralen Frage nicht entgegentreten wollen, um seine Position mit Rücksicht auf die kommenden Wahlen nicht zu schwächen.

Dies wird Anlaß für die „Parteigründer“ in der Alternativ-Bewegung sein vor allem die Jungsozialisten moralisch unter Druck zu setzen. Hier liegt die Gefahr der politischen Ausfransung der Organisation. Gegenüber dieser moralischen Argumentation müssen die Jungsozialisten selbstbewußt ihre rationale Strategie der Veränderung der SPD durch Arbeit in dieser Organisation vertreten.

Andererseits kann niemand klarmachen, wie die Einführung und Weiterverwendung dieser Technologie (den Kernenergie, d. Red.) verhindert werden soll, wenn auf der einen Seite die Vertreter der Kapitalinteressen in CDU/CSU und auf der anderen Seite fast alle relevanten Teile der Arbeiterbewegung für diese Technologie stimmen.

Wer die Kern-Technologie wirklich verhindern will, muß den Versuch machen, durch Mitarbeit in den Organisationen der Arbeiterklasse in der Bundesrepublik, also innerhalb der Gewerkschaften und der SPD, die Überzeugung in die Notwendigkeit des Verzichts auf diese Technologie zu verbreitern. Dies ist der Ansatz der Jungsozialisten.

Angesichts dessen muß klargemacht werden, daß es völlig realitätsfern ist, wenn die „Parteigründer“ darauf hoffen, nach dem Berliner Parteitag Jungsozialisten in größerem Ausmaß zum Verlassen der Organisation bewegen zu können. Auf diese Weise wird die Bewegung derer, die bei den Bundestagswahlen 1980 kandidieren wollen, sicher nicht gestärkt werden.



Quelle: Gerhard Schröder, „‚Die SPD hat kein Konzept’“, Der Spiegel, 1979, Nr. 44, S. 68-71.

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