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Wilhelms „Osterbotschaft” (7. April 1917)

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Mir liegt die Umbildung des preußischen Landtags und die Befreiung unseres gesamten innerpolitischen Lebens von dieser Frage besonders am Herzen. Für die Änderung des Wahlrechts zum Abgeordnetenhaus sind auf meine Weisung schon zu Beginn des Krieges Vorarbeiten gemacht worden. Ich beauftrage Sie nunmehr, mir bestimmte Vorschläge des Staatsministeriums vorzulegen, damit bei der Rückkehr unserer Krieger diese für die innere Gestaltung Preußens grundlegende Arbeit schnell im Wege der Gesetzgebung durchgeführt werde. Nach den gewaltigen Leistungen des ganzen Volkes in diesem furchtbaren Kriege ist nach meiner Überzeugung für das Klassenwahlrecht in Preußen kein Raum mehr. Der Gesetzentwurf wird ferner die unmittelbare und geheime Wahl der Abgeordneten vorzusehen haben.

Die Verdienste des Herrenhauses und seine bleibende Bedeutung für den Staat wird kein König von Preußen verkennen. Das Herrenhaus wird aber den gewaltigen Anforderungen der kommenden Zeit besser gerecht werden können, wenn es in weiterem und gleichmäßigerem Umfange als bisher aus den verschiedenen Kreisen und Berufen des Volkes führende, durch die Achtung ihrer Mitbürger ausgezeichnete Männer in seiner Mitte vereinigt.

Ich handle nach den Überlieferungen großer Vorfahren, wenn ich bei der Erneuerung wichtiger Teile unseres festgefügten und sturmerprobten Staatswesens einem treuen, tapferen, tüchtigen und hochentwickelten Volk das Vertrauen entgegenbringe, das es verdient.

Ich beauftrage Sie, diesen Erlaß alsbald bekanntzugeben.

Großes Hauptquartier, den 7. April 1917.

Wilhelm I. R.
v. Bethmann Hollweg.



Quelle: „Erlaß Kaiser Wilhelms II. an den Reichskanzler v. Bethmann Hollweg vom 7. April 1917“, in F. Purlitz, Hg., Der europäische Krieg in aktenmäßiger Darstellung: Deutscher Geschichtskalendar. Band 6, Leipzig, 1919, S. 768ff.

Abgedruckt in Ernst Rudolf Huber, Dokumente zur deutschen Verfassungsgeschichte. 2 Bände. Stuttgart: Kohlhammer Verlag, 1961, Band 2, S. 467-68.

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