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Die FDP wird hofiert und diskutiert ihre Optionen (30. September 1969)

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Vors. Scheel: In der Zwischenzeit ist Willi Weyer eingetroffen. – Wir haben gerade die Herren, die Kontakte gehabt haben, berichten lassen. Ich habe mit einem Wort erwähnt, daß du einen Kontakt mit Kühn gehabt hast. Vielleicht wäre es nützlich, daß du auch über deine Kontakte berichtest, damit wir das als Grundlage der Diskussion haben.

Weyer: Ich habe nicht nur Kontakt mit Herrn Kühn gehabt, sondern natürlich auch mit Herrn Scheufelen, der sich seit Tagen bemüht, und ich habe auch mit ihm vor der Wahl das Gespräch geführt. Er hat es über alle möglichen Kontaktleute versucht; es fing mit Alphons Horten an und lief dann über das Bundeskanzleramt.

(Vors. Scheel: Auch ich habe vor der Wahl mit Herrn Scheufelen gesprochen; er ist sehr aktiv!)

Ich kann nur wiederholen, was schon angedeutet wurde. Scheufelen sagt natürlich, die CDU würde alles Mögliche bieten, es ginge doch nicht und dergleichen mehr – ähnlich wie bei Hermann Müller.

Nun das Gespräch mit Heinz Kühn, das noch gestern abend stattfand. Bekannt sind – wie auch Günter Hoppe berichtete – die einstimmigen Beschlüsse der SPD. – Mir scheint eines wichtig zu sein, Walter: Wenn wir die Absicht haben, sollten wir das nun jetzt nicht wochenlang in Frage stellen; sonst sind wir nämlich draußen. Wir müssen bald zu einer Entscheidung kommen; wir müssen bald die Sachverhandlungen aufnehmen.

Zweitens. Wir sollten maßvoll sein mit personellen Vorstellungen. Die Listen, die ich heute in der Zeitung gelesen habe, sind grauenhaft. Wenn wir bei einer so katastrophalen Niederlage mit 5 oder 6 Ministern anfangen, so ist das niederziehend; dann sind wir weg. Dann können die Herren, die ins Kabinett gehen, vielleicht sagen: Na schön, wir sind noch ein paar Jahre Minister geworden – aber die Partei ist am Ende! –

Wenn wir politisch eine Chance wahrnehmen wollen, uns wieder aufwärts zu entwickeln, dann müssen wir schnell handeln. Dabei müssen wir berücksichtigen – da bin ich mit Herrn Kühn einer Meinung –, daß wir in der Tat dann auch eine Kabinettsreform am Anfang unserer Zusammenarbeit mit der SPD haben müssen, also eine Verkleinerung der Ministerien, eine Konzentration und dergleichen mehr, indem wir hier einige spektakuläre Pläne der F.D.P. realisieren.

(Vors. Scheel: Wir sind noch nicht in die Diskussion eingetreten!)

– Ich will nur sagen, was ich mit Kühn erörtert habe, wo wir übereinstimmen. Das sind Vorstellungen, die Kühn und ich erörtert haben. [ . . . ]



Quelle: „Stenographische Niederschrift über die Sitzung des Bundesvorstandes der FDP am 30. September 1969, 10:00 Uhr in Bonn“, ADL, Akte 153; abgedruckt in Daniel Hofmann, „Verdächtige Eile. Der Weg der Koalition aus SPD und FDP nach der Bundestagswahl vom 28. September 1969“, Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 2000, S. 548-52.

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