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Johann August Wirth auf dem Hambacher Fest (Mai 1832)

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deutsche Volkshoheit in ihr gutes Recht eingesetzt seyn wird, in dem Augenblicke ist der innigste Völkerbund geschlossen, denn das Volk liebt, wo die Könige hassen, das Volk vertheidigt, wo die Könige verfolgen, das Volk gönnt das, was es selbst mit seinem Herzblut zu erringen trachtet, und, was ihm das Theuerste ist, die Freiheit, Aufklärung, Nationalität und Volkshoheit, auch dem Brudervolke: das deutsche Volk gönnt daher diese hohen, unschätzbaren Güter auch seinen Brüdern in Polen, Ungarn, Italien und Spanien. Wenn also das deutsche Geld und das deutsche Blut nicht mehr den Befehlen der Herzoge von Oesterreich und der Kurfürsten von Brandenburg, sondern der Verfügung des Volkes unterworfen sind, so wird Polen, Ungarn und Italien frei, weil Rußland dann der Ohnmacht verfallen ist und sonst keine Macht mehr besteht, welche zu einem Kreuzzuge gegen die Freiheit der Völker verwendet werden könnte. Der Wiederherstellung des alten, mächtigen Polens, des reichen Ungarns und des blühenden Italiens folgt von selbst die Befreiung Spaniens und Portugals und der Sturz des unnatürlichen englischen Uebergewichts. Europa ist wiedergeboren und auf breiten natürlichen Grundlagen dauerhaft organisirt. Freiheit des Welthandels ist die köstliche materielle Frucht und unaufhaltsames Fortschreiten der Civilisation der außer jeder Berechnung liegende geistige Gewinn eines solchen Weltereignisses. Die reichen Länder der europäischen Türkei werden dann nicht länger den Feinden aller Kultur überlassen bleiben, weil die Eifersucht einer schwachköpfigen und engherzigen Politik diese herrlichen Provinzen einem civilisirten Volke nicht gönnt. Man wird sie vielmehr der Civilisation wiedergeben, Constantinopel durch Umschaffung in eine freie Stadt und einen freien Hafen in einen allmächtigen Hebel des europäischen Handels verwandeln, die Hülfsquellen Afrika's für Europa eröffnen, und dann den großen Menschenfreund, den Handel gewähren lassen, daß er seine unendlichen Gaben und unerschöpflichen Schätze über die Völker Europa's ausschürte und zugleich alle Nationen zu ewig neuen Fortschritten in der Civilisation ansporne. Unermeßlich sind die Folgen der Befreiung Europa's, unermeßlich schon in Ansehung der Emporhebung und gleichmäßigen Verbreitung des Wohlstandes und unermeßlich vollends in Ansehung der geistigen Fortschritte. Und alle diese unendlichen Triumphe des menschlichen Geschlechts, all' diese unermeßlichen Segnungen sollten den Völkern Europa's blos darum vorenthalten werden, damit ein paar unverständige Knaben fortwährend die Königsrolle erben können? Wahrlich, ich sage euch, giebt es irgend Verräther an den Völkern und an dem gesammten Menschengeschlechte, giebt es irgend Hochverräther, so wären es die Könige, welche der Eitelkeit, der Herrschsucht und der Wollust willen die Bevölkerung eines ganzen Welttheils elend machen und dieselbe durch empörende Unterdrückung Jahrhunderte hindurch hindern, zu dem ihr von Natur bestimmten Zustande von materieller Wohlfart und geistiger Vollendung sich aufzuschwingen. Fluch, ewigen Fluch darum allen solchen Verräthern!



Quelle: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Neustadt: Phillip Christmann, 1832; Nachdruck, Neustadt: Meininger, 1981, S. 41-43.

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